Aufgeklärt: Sieben Mythen über die Zahnpflege
Dreimal am Tag Zähneputzen oder nur morgens und abends? Ordentlich schrubben oder besser sanft über die Zähne streichen? Zahnpasta mit Fluorid oder ohne? Rund um die richtige Zahnpflege kursieren viele Glaubenssätze. Der Zahnmediziner Stefan Fickl klärt über die häufigsten Mythen auf und gibt Tipps, was wir für unsere Zahngesundheit tun können.
So geht Zahnpflege: Ein Experte klärt auf
Unsere bleibenden Zähne sollten ein Leben lang halten. Doch wie geht die perfekte Zahnpflege? In seinem Buch „Auf den Zahn gefühlt“ (Kiepenheuer & Witsch) fasst Stefan Fickl, Zahnarzt und Professor an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, neueste Erkenntnisse aus der Zahnmedizin zusammen. Lesen Sie seine Tipps, worauf es beim Zähneputzen ankommt.Mythos 1: Elektrische Zahnbürsten sind besser als Handzahnbürsten.
Dieser Zahnpflege-Mythos stimmt nur bedingt. Viel wichtiger als die Art der Zahnbürste ist nämlich deren korrekte Handhabe. Wer also seit Jahren mit der Hand putzt, keine Zahnprobleme hat und sich ungern ein weiteres elektrisches Gerät anschaffen möchte, kann gerne bei seiner Gewohnheit bleiben.Sie gehören zu den eher nachlässigeren Zähneputzern? Dann haben elektrische Zahnbürsten einen entscheidenden Vorteil: „Die meisten elektrischen Zahnbürsten haben einen Timer“, erklärt der Experte. Denn viele Menschen putzen kürzer als die empfohlenen zwei Minuten, das haben Studien gezeigt. Doch so lange sollte man sich für die Zahnpflege mindestens Zeit nehmen, um ausreichend Zahnbeläge zu entfernen. Zudem verteilen die feinen Vibrationen der elektrischen Zahnbürsten die Zahncreme besser in schwer zugängliche Zahnzwischenräume.
Mythos 2: Fluoridhaltige Zahnpasta ist gesundheitsschädlich.
Der Mythos, dass Fluorid gesundheitsschädigend sei, ist weitverbreitet. Doch die Sorge ist unbegründet. Das führt auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) auf ihrer Website aus: Fluorid ist nur in sehr großen Mengen kritisch. Gerade in der Zahnpflege ist Fluorid unverzichtbar, denn es ist höchst effektiv bei der Vorbeugung gegen Karies. Ein Erwachsener müsste mehrere Tuben Zahnpasta essen, um Vergiftungsanzeichen zu entwickeln. Also keine Angst vor Fluorid, ermutigt Stefan Fickl: „Fluorid ist einer der weltweit am besten untersuchten Stoffe. Manche Länder setzen Fluorid sogar ihrem Trinkwasser zu, um eine karieshemmende Wirkung zu erhalten.“Wichtig: Den Mund nach dem Zähneputzen nicht mit Wasser ausspülen, sondern nur ausspucken! So kann das Fluorid in der Zahncreme besonders gut wirken. Sie haben eine Neigung zu Karies? Dann empfiehlt der Zahnarzt sogar, einmal wöchentlich ein Zahngel mit erhöhter Fluoridkonzentration anzuwenden. Und was tun, wenn man immer noch Bedenken hat? Dann wäre eine Hydroxylapatit-haltige Zahnpasta eine Alternative. "Alle anderen Produkte sind nicht zu empfehlen, da das Risiko für Karies ansonsten dramatisch ansteigt“, so der Zahnpflege-Experte.
Mythos 3: Weiche Borsten putzen nicht gut genug.
Ja, harte oder mittelharte Borsten entfernen Zahnbelag schneller – aber es kommt dadurch beim Putzen auch viel häufiger zu Verletzungen des Zahnfleischs. „Daher sollten Sie eher eine Zahnbürste mit weichen Borsten (häufig wird dies mit dem Werbebegriff ‚soft oder ultrasoft‘ beschrieben) oder bei einer elektrischen Zahnbürste einen weichen Bürstenkopf auswählen“, schreibt Stefan Fickl in seinem Buch.Bei weichen Borsten müssen ein paar Dinge beachtet werden: Wichtig ist es, dazu eine „sensitive“ Zahnpasta zu verwenden – so wird der wichtige Zahnschmelz nicht abgerieben. Außerdem sollte die Putzdauer ein bisschen verlängert werden, um die Zahnbeläge besser loszuwerden. Und die weiche Bürste muss häufiger gewechselt werden als eine Zahnbürste mit harten Borsten – nämlich spätestens alle drei Monate.
Expertentipps: Worauf es bei der Zahnpflege ankommt
Mythos 4: Bei der Zahnpflege ist die richtige Putztechnik entscheidend.
Ja, es gibt sie tatsächlich, die perfekte Technik fürs Zähneputzen. In seinem Buch beschreibt Stefan Fickl sie ausführlich: „Zahnbürste in 45-Grad-Winkel im Übergangsbereich zwischen Zahn und Zahnfleisch ansetzen. Ein paar Sekunden auf der Stelle rütteln und dann mit einer leichten Drehbewegung vom Zahn in Richtung Kaufläche auswischen. Und das bitte an allen Zahnflächen, innen und außen.“ Doch er gibt auch zu: Für die meisten ist das kaum praktikabel. Es sei denn, man will das Zähneputzen zur Wissenschaft erheben.Daher sein Tipp: „Es ist einfach nur wichtig, dass Sie keine Zahnflächen vergessen.“ Auf einen Bereich sollte man laut dem Experten aber besonders achten: den Übergang vom Zahnfleisch zum Zahn. Hier siedeln sich nämlich besonders gerne Bakterien an. Am schonendsten für das empfindliche Zahnfleisch ist die Auswischbewegung vom Zahnfleisch hin zum Zahn.
Mythos 5: Zahnseide und Mundspülung sind unverzichtbar.
Die Empfehlung für den regelmäßigen Gebrauch von Zahnseide lässt sich laut Stefan Fickl wissenschaftlich nicht belegen: „Wenn der Fluoridgehalt in der Zahnpasta stimmt, dann ist der Effekt von Zahnseide vernachlässigbar.“ Das gilt jedoch nur für Menschen mit gesunden Zähnen und Zahnfleisch. Wer zu Parodontose und Zahnfleischentzündungen neigt, sollte seine Zahnzwischenräume gut reinigen – allerdings mit Interdentalbürsten. Am besten vom eigenen Zahnarzt beraten lassen!Auch die Verwendung von Mundspülungen hält der Experte für überbewertet: „Wer zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta ordentlich Zähne putzt, für den ist der zusätzliche Effekt durch eine Mundspüllösung wahrscheinlich sehr gering.“ Wann können Mundspülungen bei der Zahnpflege hilfreich sein? Bei festsitzenden Zahnspangen oder bei stark freiliegenden Wurzeloberflächen.
Mythos 6: Bleaching-Produkte sind schlecht für die Zähne.
Zahnverfärbungen durch Kaffee oder Tee haben keinerlei Krankheitswert. Dennoch wünschen sich viele Menschen weißere Zähne – und fragen sich: Sind Bleaching-Produkte schädlich für den Zahn? „Diese Frage kann man relativ einfach und schnell beantworten: Nein“, beruhigt Stefan Fickl. Er gibt jedoch auch zu bedenken: „Die Zähne werden durch diese Zahnpasten weißer, aber es kann auch etwas an Zahnmaterial verloren gehen – keine dramatische Menge, aber schon ein fragwürdiges Opfer für die Schönheit.“Seine Empfehlung lautet: Besser sich professionell beim Zahnarzt zum medizinischen Bleaching beraten und behandeln lassen, als daheim zu Bleich-Zahncremes zu greifen. Denn diese können den schützenden Zahnschmelz abreiben. Relativ unbedenklich sind laut dem Experten Bleich-Strips aus dem Drogeriemarkt. Hier ist die Konzentration des Bleichmittels sehr gering. Der Nachteil: Große Farbveränderungen sind mit den Bleaching-Strips zur Selbstanwendung nicht zu erwarten.
Mythos 7: Wer nach dem Essen Zähne putzt, „darf“ alles essen.
Dieser Mythos ist leider falsch. Die Ernährung hat einen sehr großen Einfluss auf die Zahngesundheit. „Die gleiche Ernährung, die für Ihr Herz oder Ihre Leber gut ist, ist auch für Ihr Zahnfleisch und Ihre Zähne gut“, fasst der Zahnmediziner zusammen. Eine Untersuchung der Universität in Freiburg belegt: Mediterrane Kost kann die Entzündungswerte im Mund, etwa Zahnfleischbluten, entscheidend verbessern – bei einer unveränderten Routine im Zahnputzverhalten.Das oberste Gebot einer zahnfreundlichen Ernährung lautet: Zuckerhaltige Getränke meiden und schon gar nicht über den Tag verteilt trinken. Süßigkeiten sollten auf einen oder zwei Nachtische pro Tag reduziert werden. Und: Stark verarbeitete Speisen sind meist viel zu weich und daher auch für die Zähne schlecht. Stefan Fickl erklärt, warum das so ist: „Durchs Kauen wird ein Großteil der Bakterien von den Zähnen abgerieben. Je mehr Ihre Zähne beim Essen arbeiten müssen, umso besser.“ Weiteres Plus: Wer länger kaut, regt dadurch den Speichelfluss an – und dieser spült die restlichen Bakterien weg.
Wichtig ist es auch, dem Zahnschmelz zwischen den Mahlzeiten Pausen zum Regenerieren zu geben. Doch was, wenn man von Zwischensnacks einfach nicht die Finger lassen kann? Die deutsche Leitlinie zur Kariesprophylaxe empfiehlt zuckerfreien Kaugummi nach den Mahlzeiten. „Das ständige Kauen aktiviert und trainiert die Kaumuskulatur und durch den ständigen Kauvorgang wird Speichel im Übermaß produziert“, erklärt Stefan Fickl die Vorteile.