Teetotalism: Was steckt hinter dem Trend?
Im Zuge des Healthy Hedonism wird ein weiterer Lifestyle zum Mainstream: Teetotalism. Was ist das eigentlich? Und was hat es mit Tee zu tun? So viel sei verraten: nichts …
Healthy Hedonism gilt als neuer Megatrend, bei dem sowohl gesunde, vegane und nachhaltige Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen. Vor allem aber will man (wieder) genießen: Dogmatische Ernährungsdiktate sind out. (Zugleich aber ist der Darm mit seinem Mikrobiom ins Interesse gerückt.)
Anders bei einem weiteren Hype, der zwar gesund ist, bei dem aber auch Abstinenz angesagt ist: „Teetotalism“ verzichtet als Null-Promille-Bewegung völlig auf Alkohol. Auch wenn das mit diesen erfrischend anderen Sommerdrinks gut vorstellbar ist, fragen wir uns: Wollen wir Teetotals werden?
Teetotalism: Was steckt dahinter?
Der komplette Verzicht auf Alkohol ist vor allem bei Jugendlichen immer öfter zu beobachten und wird immer mehr zum Mainstream. In einer Dekade haben sich die Teetotalism-Anhänger unter ihnen beinahe verdoppelt, aber auch bei älteren Generationen rückt „Null Promille“ immer mehr ins Bewusstsein. Ist ja auch logisch: Wir investieren Geld und Zeit in beinahe allen Lebensbereichen, um uns besser zu fühlen. Wir machen Yoga, entrümpeln radikal und ernähren uns gesund. Wir werfen körperlichen und geistigen Ballast ab, wo es nur geht. Dazu passt maßloser Alkoholkonsum einfach so gar nicht.
Den Ursprung hat Teetotalism bereits Anfang des 19. Jahrhundert in England und zieht jetzt vor allem in Nordamerika, Japan und Europa seine Kreise. Als neuer Ansporn der Abstinenz-Bewegung gilt das kürzlich erschienene Buch „Sober Curious“ von Ruby Warrington. Der Begriff „Teetotalism“ hat mit Tee übrigens nichts zu tun, sondern der Wortteil „Tee“ hängt laut Historikern im Englischen wohl mit der Abkürzung für den Buchstaben T zusammen – und der wiederum soll hier für „Total“ stehen.
Alkohol: Nur null Promille sind gesund!
Es ist keine neue Erkenntnis des Teetotalism, dass Alkohol nicht gesundheitsfördernd ist: Dass er etwa schlecht für die Leber ist, Angstzustände verstärken kann, den Schlaf negativ beeinflusst, die Haut verschlechtert, zu unkontrollierter und somit ungesunder Ernährung führt, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs fördert oder depressiv machen kann, hat man so oder so ähnlich sicher schon gehört. Aber: Nun beweisen immer mehr Studien, wie Alkohol langfristig schädigt. „Null Promille ist das einzige Maß, das gesund ist“, ist dann auch die Kernbotschaft der Global Burden of Disease Study von 2018.
Flatrate-Partys vs. Teetotalism
Während Flatrate-Partys, bei denen harter Alkohol „all-inclusive“ angeboten wird, zum Glück keinen Aufwind mehr erleben, gehört es in unseren Breitengraden oft noch zum guten Ton ein Glaserl mitzutrinken. Wer abstinent lebt, muss sich fast dafür entschuldigen. Denn immer noch ist in vielen Köpfen verankert: Alkohol ist Teil des sozialen Lebens – ob man sich beim Afterwork-Drink trifft, auf das gelungene Projekt anstößt oder einfach aus Geselligkeit trinkt. Doch Alkohol-Abstinenz wird immer populärer. Auch die Industrie setzt auf den Teetotalism-Trend. In Super- und Drogeriemärkten, in Bars und Restaurants: Das Angebot für köstliche alkoholfreie Alternativen wird von Tag zu Tag vielfältiger.
Nüchtern betrachtet
Food-Trends kommen und gehen, Zeiten und Lebensmodelle ändern sich. Was gestern noch als normal galt, kann morgen schon verpönt sein. Und wer weiß, vielleicht ist es schon bald wie mit dem Rauchen? So wie eine Zigarette keinen Funken mehr von Glamour hat, lässt uns der Teetotalism-Trend einen ernüchternden Blick auf den Alkoholkonsum werfen. Wer noch nicht von der Abstinenz überzeugt ist, sollte sich zumindest überlegen, immer wieder Alkoholpausen einzulegen – und sowieso jedes Glas, jeden Schluck, jeden edlen Tropfen bewusst zu genießen. Ganz im Sinne des Healthy Hedonism.