Warum eine proteinreiche Ernährung wichtig ist – eine Ernährungsexpertin klärt auf
Der Körper und seine Makronährstoffe
Insgesamt gibt es drei energieliefernde Nährstoffe – die sogenannten Makronährstoffe:
- Kohlenhydrate, die als Energielieferanten fungieren und den Stoffwechsel aufrechterhalten.
- Um Zellmembranen aufzubauen und darüber hinaus lebensnotwendige Fettsäuren zu bilden, die der Körper nicht selbst herstellen kann, brauchen wir Fette. Ohne die würde außerdem das beste Essen der Welt nach nichts schmecken, denn nur durch ihr Vorhandensein kommen Geschmacksaromen erst richtig zur Geltung.
- Und dann gibt’s da noch Proteine, auch bekannt als Eiweiße, die gemeinsam mit den beiden zuvor Genannten die Basis unserer Makronährstoffe bilden.
Wir haben bei Mag. Eva Brunner-Wildauer, Ernährungswissenschafterin aus Vorarlberg, nachgefragt, warum eine proteinreiche Ernährung so wichtig ist.
Frau Mag. Brunner-Wildauer: Fangen wir bei den Basics an. Was sind Proteine? Und welche Funktion erfüllen sie in unserem Körper?
Proteine sind Makromoleküle, die aus Aminosäuren bestehen und eine Vielzahl von Funktionen im Körper erfüllen. In erster Linie dienen sie als wichtiger Baustoff menschlicher Zellen und sind für deren Erhalt und Reparatur verantwortlich. Darüber hinaus sind sie an der Bekämpfung von Krankheitserregern und dem Transport von Nährstoffen und Sauerstoff im Blut beteiligt. Da der Körper keinen Eiweißspeicher besitzt, ist es essenziell, diesem Proteine zuzuführen.
Warum ist eine proteinreiche Ernährung, insbesondere für die Frauengesundheit so wichtig?
Der Körper einer Frau benötigt vor allem während der Schwangerschaft und Stillzeit ausreichend Proteine, um das Wachstum des Fötus und die Milchproduktion zu unterstützen. Zudem trägt Eiweiß dazu bei, die Knochengesundheit zu verbessern und das Risiko für Osteoporose zu verringern. Es gibt aber noch einen weiteren Pluspunkt: Proteine können dabei behilflich sein, den Hormonhaushalt von Östrogen und Progesteron zu regulieren und unterstützen so den weiblichen Körper vor und in den Wechseljahren.
Gibt es eine Art Eiweißregel – also einen Richtwert, der besagt, wieviel Eiweiß gesund ist?
Die empfohlene tägliche Eiweißzufuhr hängt von verschiedenen Faktoren wie Alter, Geschlecht, Körpergewicht, körperliche Aktivität und Gesundheitszustand ab. Da Proteine aber für jeden Menschen wichtig sind, wird für Erwachsene durchschnittlich eine tägliche Eiweißzufuhr von 1 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Bei Sportlerinnen und Sportlern und generell sehr aktiven Menschen liegt die Eiweißzufuhr etwas höher, um so den erhöhten Bedarf an Muskelreparatur und -aufbau zu decken (1,2 bis 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht). Bei Mengen über 2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht ist allerdings Vorsicht geboten, da überschüssiges Protein über die Nieren ausgeschieden wird, wodurch es bei einer zu hohen Dosierung zu Nierenschäden kommen kann. Das ist aber durch den alleinigen Verzehr von Lebensmitteln nicht möglich. Vorsicht ist allerdings bei Supplementen und Proteinpräparaten geboten.
Wie sinnvoll sind in diesem Zusammenhang Protein-Shakes?
Der Verzehr von Protein-Shakes ist insbesondere für Sportlerinnen und Sportler oder Menschen mit besonderen Anforderungen hilfreich, um damit ihren täglichen Eiweißbedarf abzudecken. Shakes sollten aber dennoch nur eine Ergänzung zu einer ausgewogenen Ernährung darstellen. Grundsätzlich ist es möglich, den Proteinbedarf durch natürliche Lebensmittel zu decken – da der Körper Proteine aus natürlich gewachsenen Lebensmitteln besser verwerten und effektiver einsetzen kann als jene, die auf synthetischem Weg hergestellt werden, wäre das auch der gesündere Weg.
Und worauf kommt es bei der Wahl des Proteinpulvers an?
Wenn man sich doch für den Kauf von Proteinpulver entscheidet, sollte vor allem auf die Qualität des Produktes geachtet werden. Ein qualitativ hochwertiges Proteinpulver stammt aus sauberen, gesunden Quellen und ist nicht mit schädlichen Zusatzstoffen wie Hormonen oder Antibiotika belastet. In seiner Zusammensetzung sollte es auf jeden Fall Vitamine, Ballaststoffe und Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium enthalten. Viele Produkte enthalten zudem weitere Zusatzstoffe wie Zucker, künstliche Süßstoffe oder künstliche Aromen, die das Kalorien- oder Zuckerprofil des Proteinpulvers verändern und unerwünschte Nebenwirkungen verursachen können.
Immer öfter liest man von pflanzlichen Proteinen. Worin unterscheiden sich die von tierischem Eiweiß?
Im Gegensatz zu pflanzlichem enthält tierisches Protein normalerweise alle für den Körper wichtigen Aminosäuren. Wer sich also vegetarisch oder vegan ernährt, muss durch Kombination von pflanzlichen Proteinen sicherstellen, alle notwendigen Aminosäuren zu sich zu nehmen. Ein weiterer Unterschied ist, dass tierisches Protein in der Regel reicher an Vitamin B12, Eisen und Zink ist, die allesamt für die Gesundheit unerlässlich sind. Pflanzliche Proteinquellen hingegen sind oft reicher an Ballaststoffen und Vitamin C, E und K, Magnesium, Kalium und Antioxidantien. Sie enthalten auch Phytonährstoffe, die Entzündungen im Körper reduzieren können. Außerdem haben pflanzliche Proteine meist einen niedrigeren Fett- und Cholesteringehalt als tierische Proteine und können daher dazu beitragen, das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Gesundheitsproblemen zu senken.
Wichtig ist, in diesem Zusammenhang nicht zu sehr in Schubladen zu denken. Beide Arten von Proteinen bieten unterschiedliche Vor- und Nachteile. Es geht darum, auf den eigenen Körper zu hören und eine Form der proteinreichen Ernährung zu finden, die einem selbst guttut.
Ich ernähre mich vegetarisch oder vegan: Welche sind die besten pflanzlichen Eiweißlieferanten für meine Ernährung?
Es gibt viele pflanzliche Lebensmittel, die reich an Eiweiß sind:
- Hülsenfrüchte, wie Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen, Sojabohnen oder Lupinen sind sehr proteinreich und enthalten Ballaststoffe, die sich positiv auf Sättigung und Verdauung auswirken.
- Nüsse und Samen sind reich an Eiweiß und gesunden Fetten und sind ideale Snacks. Dazu zählen Mandeln, Cashewnüsse, Pistazien, Chiasamen, Hanfsamen, Leinsamen und Sesamsamen.
- Vollkorngetreide ist eine äußerst beliebte Eiweiß- und Ballaststoffquelle, allen voran Quinoa, Haferflocken und Amaranth.
- Tofu und Tempeh werden aus Sojabohnen gewonnen und sind proteinreiche und vielseitige Alternativen zu Fleisch.
- Seitan: Die fleischlose Proteinquelle wird aus Weizengluten hergestellt und in zahlreichen vegetarischen und veganen Gerichten verwendet.
Warum sind Proteine in der Ernährung nicht nur für Sportlerinnen und Sportler wichtig?
Proteine helfen nicht nur dabei, den Muskelaufbau und -erhalt von Sportlerinnen und Sportlern und damit die körperliche Leistungsfähigkeit zu unterstützen. Als Zellbestandteile sind sie für jeden Menschen wichtig – ganz egal, ob klein oder groß. Nachdem der menschliche Körper einem ständigen Auf- und Abbau unterliegt, braucht es auch ständig die Bildung neuer Zellen – bei Kindern, um die Entwicklung und das Wachstum voranzutreiben. Und bei Erwachsenen, deren Körper ebenfalls ständig in einer Transformation ist, um Zellen zu erneuern.
Abschließend würden wir gerne noch von Ihnen wissen, ob eine eiweißreiche Ernährung grundsätzlich unbedenklich ist?
Insgesamt ist eine eiweißreiche Ernährung für die meisten Menschen unbedenklich, solange Proteine in angemessenen Mengen und im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung konsumiert und dabei individuelle Bedürfnisse berücksichtigt werden.