Aufklärung schützt Kinder vor sexuellem Missbrauch
Was Aufklärung damit zu tun hat, dass Kinder sexuellem Missbrauch ausgeliefert sind? Viel. Sehr viel sogar. Denn Kinder, die Bescheid wissen, sind selbstbewusst. Sie trauen sich „Nein“ zu sagen.
Über Sexualität mit den eigenen Kindern zu reden, das ist so eine Sache. Viele Eltern wissen nicht so recht, wann und wie sie es am besten machen sollen. Sexualpädagogin Kerstin Steiner-Illichmann hat nicht nur Erziehungstipps für die altersgemäße Aufklärung der eigenen Kids parat. Sie weiß auch um den präventiven Effekt, den Aufklärung mit sich bringt: „Gut aufgeklärte Kinder sind deutlich besser geschützt vor sexuellem Missbrauch und sexueller Gewalt“, unterstreicht die Expertin. Alleine schon deswegen sollte man das Thema nicht vor sich herschieben.
90 Prozent der Täter aus familiärem Umfeld
Bei Eltern hält sich hartnäckig das Bild vom unbekannten fremden Mann, der Kinder in sein Auto lockt. Dahingehend zu warnen, greift aber zu kurz. Und es bietet wenig Schutz. Denn Täter kennen ihre Opfer. In den meisten Fällen sogar recht gut. In 90 Prozent der Fälle kommen die Missbrauchs-Täter aus dem nahen familiären oder sozialen Umfeld. Sie nützen Neugierde, Unwissenheit und Unsicherheit der Kinder geschickt aus. „Daher ist es wichtig, dass Kinder über Sexualität Bescheid wissen. Zum Beispiel, dass Sexualität ausschließlich etwas für große Jugendliche und Erwachsene ist. Oder, dass man mit einem Kind so etwas nicht machen darf“, betont die Sexualpädagogin.
Selbstbewusstsein des Kindes stärken
Wer seine Kinder präventiv schützen will, sollte außerdem von klein auf ihren Selbstwert stärken. Kinder müssen spüren, dass sie aufgrund ihres Seins und nicht (nur) aufgrund ihres Tuns geliebt werden. Das geht im Alltag gerne unter. Denn Lob wird vor allem für gute Noten oder tolle sportliche Leistungen ausgesprochen. „Darüber hinaus sollte man seinem Kind auch ganz grundlos und ohne speziellen Anlass sagen, dass es einfach super ist, so wie es ist“, sagt Steiner-Illichmann. Das wirkt ungemein auf den Selbstwert und macht Kinder stark.
Hilfe für Eltern: Die sechs starken Sätze
Darüber hinaus lassen sich in die Erziehung auch Grundsätze einbauen, die präventiv wirken. Sie machen den Alltag mit kleinen Kindern zwar nicht immer einfacher und können ordentlich am Nervenkostüm zerren, sind aber effektiv.
1. Mein Körper gehört mir!
Kinder sollen mitentscheiden dürfen, was ihren Körper betrifft. Das ist nicht immer ganz leicht für Mama und Papa: Vor allem dann, wenn der Sohn ein halbes Jahr nur Nudeln „ohne alles“ essen will. Oder die Tochter jeden Morgen wieder in ihr „Hello Kitty“-Kleid schlüpft.
2. Ich darf Nein sagen!
Kinder sollen lernen, dass es nicht schlimm ist, etwas abzulehnen. Natürlich geht das nicht immer. Ein Besuch beim Zahnarzt beispielsweise muss sein. Hier sollte man dem Kind erklären, dass man für seine Gesundheit verantwortlich ist und das „Nein“ in dem Fall leider nicht gilt. Aber seine Meinung darf das Kind sagen.
3. Meine Gefühle sind richtig!
Kindern sollen wissen, dass ihre Gefühle wichtig und richtig sind und dass sie auf diese vertrauen dürfen.
4. Ich entscheide, welche Berührung ich haben mag!
Kinder dürfen Berührung ablehnen, die sie nicht wollen. Das birgt natürlich familiären Konfliktstoff. Denn nicht jedes Kind mag die (feuchten) Bussis von Omas oder Tanten. Ein Tipp: Gemeinsam mit dem Kind nach alternativen Lösungen zu suchen, um ihre Zuneigung auszudrücken. Absolutes Tabu für Berührungen durch andere sollten Vagina und Penis sein.
5. Schlechte Geheimnisse gelten nicht, die darf ich weitererzählen!
Geheimnisse, die Bauchweh machen und erzwungen sind, sind keine guten Geheimnisse. Und die darf man auch weitererzählen. Das ist nicht petzen, sondern Hilfe holen.
6. Ich darf mir immer Hilfe holen!
Kindern kann man nicht oft genug sagen, dass sie mit allem kommen können, was sie belastet. Denn gemeinsam lässt sich für alles eine Lösung finden. Und sie sollen wissen, dass sie niemals Schuld an Handlungen von Erwachsenen haben.