So helfen uns Red Flags & Co. laut Beziehungsexpertin beim Dating
Die Flags im Überblick
Red Flags als Warnzeichen
„Bei Red Flags (engl. „Rote Flaggen“) handelt es sich um Warnsignale, die unbedingt ernst genommen werden sollten. Gerade in der Dating-Zeit ist man sehr gefährdet, die andere Person durch einen starken Weichzeichner zu betrachten,“ erklärt die Beziehungscoachin Mag.a Anna Thaler. Noch schwieriger wird es dann in der Verliebtheitsphase: „Wenn erst mal die rosarote Brille dazu kommt, sieht man im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr viel vom anderen. Die Wahrscheinlichkeit, dass man dabei eine falsche (im Sinne von unpassende) Wahl trifft, ist dabei immer groß.“ Thaler sieht Red Flags „nicht nur als Gefahr, sondern ganz bewusst als große Chance“. Red Flags sind kein Trend-Phänomen, über das man sich lustig machen kann. Im Gegenteil: „Wenn man sie ernst nimmt, bestimmen sie wesentlich das spätere Beziehungsglück mit. Denn nichts ist so entscheidend für die Liebe, wie die richtige Partnerwahl.“
Klar abtrennen sollte man den Begriff von „No-Gos“ in einer Beziehung. „Manchmal wird der Begriff Red Flags als Update davon verwendet, um sehr allgemein sämtliche Eigenschaften zu beschreiben, die dem persönlichen Geschmack nicht entsprechen: zum Beispiel eine gewisse Art von Kleidungsstil, der Musikgeschmack oder die politische Einstellung.“ Aus Sicht der Expertin ist das aber nebensächlich. „Bei Red Flags geht es nicht um persönliche Vorlieben, sondern um den Charakter einer Person. Dadurch rückt beim Dating endlich wieder etwas sehr Wesentliches in den Mittelpunkt: weg vom alleinigen Fokus auf Aussehen, Geschmack und Hobbies, hin zu Charakter, Persönlichkeit und Kompatibilität.“
Vereinfacht gesagt sind Red Flags klare Ausschlussgründe für eine Beziehung. Meistens wird man darauf schon in der Anbahnungsphase aufmerksam. Zusammenfassend bringt es Thaler so auf den Punkt: „Die Grundpfeiler einer bindungssicheren Beziehung sind Vertrauen, Verlässlichkeit und Kommunikation. Alles, was nicht diesen Grundpfeilern entspricht, kann als Red Flag bezeichnet werden. Immer dann, wenn eine Person Schwierigkeiten mit emotionaler Verfügbarkeit, Respekt oder Verbindlichkeit hat, sollte man das als Warnsignal erkennen.“
Beispiele für Red Flags bei Frauen und Männern
Die folgenden Beispiele sind ganz klare Dealbreaker und eindeutig toxisch. Wenn man mit einer dieser Verhaltensweisen konfrontiert wird, sollte man laut Beziehungsexpertin hellhörig werden und sich zurückziehen:
- Verachtendes Verhalten bzw. abwertende Kommentare gegenüber Frauen
- Aggressives Verhalten
- Vermeidendes Verhalten bei emotionalen Gesprächen
- Abwertung der Gefühle des anderen („Du bist so empfindlich, das ist doch nicht schlimm!“)
- Abwertende Kommentare über Ex-Partnerinnen oder Ex-Partner
- Abwertende Kommentare über Familie oder Freunde des anderen
- Kontrollverhalten
- Gaslighting
- Emotionaler Rückzug, wenn es „schwierig“ wird: aufgetaucht wird erst wieder, wenn es ihm oder ihr passt
- Gezieltes Verhalten, um Eifersucht bzw. Liebe und Engagement zu „testen“
- Übermäßige emotionale Abhängigkeit oder ständige Verlustangst
- Emotionale Manipulation („Wenn du mich wirklich lieben würdest,…“)
Ghosting ist eine Red Flag
Beispiele für Red Flags beim Dating
Bereits beim Dating zeigt es sich sehr schnell – und oft durch mehrere Red Flags parallel –, dass man die Kennenlernphase beenden und sich nach einem neuen Date umsehen sollte. Die Expertin nennt diese eindeutigen Beispiele:
- Unregelmäßiger Kontakt mit Ausreden („Viel los gerade!“)
- On-/Off-Verhalten oder Ghosting
- Treffen werden mehrmals verschoben oder abgesagt
- Fehlendes Interesse an Gedanken und Gefühlen des anderen
- Übermäßiges Umwerben („Love Bombing“) und Druck auf mehr
Beispiele für Red Flags in der Beziehung
Wer bereits in einer Beziehung ist, kann auch hier mit Red Flags konfrontiert werden. Laut Expertin gehört dazu unter anderem:
- Emotionale und körperliche Gewalt
- Bewusste, verletzende Äußerungen
- Grenzen werden nicht respektiert
- Gefühle werden nicht ernst genommen
- Keine Entschuldigung, wenn Gefühle verletzt wurden
- Es wird nicht versucht, den Standpunkt des anderen zu sehen
- Konflikte enden immer damit, dass man sich selbst entschuldigen muss, auch wenn man nichts falsch gemacht hat.
- Weigerung über Probleme zu sprechen oder Verantwortung zu übernehmen
- Passiv-aggressives Verhalten (den anderen ignorieren, beleidigt sein, „anspinnen“); vor allem auch in Kombination mit Erwartungen an Sex
- Wiederholtes oder bewusstes Übertreten von klar kommunizierten Grenzen
2. Orange Flags sind nicht besser
Wer jetzt denkt, dass Orange Flags nicht so schlimm wie Red Flags sind, der liegt leider falsch. Diese sind aus Sicht der Beziehungscoachin „klare Vorstufen zu Red Flags“, und sie empfiehlt, bei der Unterscheidung zwischen Red und Orange Flag nicht lange zu fackeln: „Sobald sich etwas ‚orange‘ anfühlt, sollte man keine Zeit mehr investieren, um zu überlegen, ob es sich um ein rotes oder oranges Warnsignal handelt, sondern das sofort ansprechen beziehungsweise auf die Stopp-Taste drücken.“
Orange Flags beim Dating
Wie erkennt man orange Flaggen beim Dating? Thaler nennt die folgenden Verhaltensweisen als Beispiele:- Fehlendes gemeinsames Zukunftsbild
- Unklare Absichten
- Zögern bei Verbindlichkeit
- Unterschiedliche Vorstellungen von Nähe und Distanz
- Schwierigkeiten mit emotionaler Offenheit
- Fehlende Selbstreflexion
Yellow Flags sind eine Challenge
Bei Yellow Flags muss man nicht gleich alles hinwerfen, sie stellen laut Expertin so etwas wie eine Challenge dar: „Man könnte sie am ehesten mit dem Wort „Herausforderungen“ übersetzen. Sie sind nicht gleich Grund für eine Trennung, sollten aber nicht ignoriert werden, da sie Potenzial für spätere Unstimmigkeiten mitbringen.“ Ein Beispiel wäre das Zurückscheuen vor Konfliktgesprächen. Dieses Problem tritt dann immer wieder auf und verhindert auch, dass man sich annähert und Kompromisse schließt.
Beispiele für Yellow Flags beim Dating
Das sind laut Beziehungsexpertin typische „gelbe Flaggen“:
- Übermäßiges Idealisieren
- Zögern vor Konfliktgesprächen
- Starke Anpassung an den Partner
- Unsicherheit auf verschiedenen Ebenen
- Unausgesprochene Unstimmigkeiten
- Wiederkehrende Missverständnisse
- Stimmungsschwankungen und Launenhaftigkeit
4. Beige Flags lassen Langeweile aufkommen
So langweilig … manchmal bringen Dating-Profile und Matches ihr Gegenüber nur zum Gähnen. Diese gehen beim Swipen in der Masse auf Tinder & Co. einfach unter. Beim Kennenlernen machen Beige Flags es schwieriger, weil die Person sehr schlecht greifbar ist. Ein Durchschnittstyp, der gerne draußen in der Natur ist, im Winter Skifahren geht und sonst keine Eigenheiten preisgibt? Tja, die gibt es auf Apps wie Sand am Meer. Man muss keinen Bogen um sie machen, ob sich daraus mehr entwickeln kann, ist dennoch fraglich. Schließlich ist es oft die geteilte Begeisterung für etwas, die beide Herzen höherschlagen lässt. Thaler klärt auf: „Bei Beige Flags geht es nicht mehr um Warnsignale hinsichtlich Charakter und Verhalten, sondern nur noch um Persönlichkeitsmerkmale, die unpassend erscheinen. Meistens in Richtung langweilig, wenig aufregend, eigenartig oder einschläfernd.“ Unter dem Hashtag #beigeflag werden auf TikTok seltsame Angewohnheiten von potenziellen Partnerinnen und Partnern thematisiert.
Das sind Beige Flags beim Dating
Die Anzeichen, dass man es mit einer beigen Flagge zu tun hat, führen oft schon dazu, dass es nach ein paar Chatnachrichten nie zu einem richtigen Treffen kommt und die Konversation im Sand verläuft. Wenn am Anfang bereits null Enthusiasmus da ist, wieso sollte man das fortsetzen? Die Beziehungscoachin nennt ein paar eindeutige beige Flags als Beispiel:
- Uninteressante Themen
- Vorhersehbare Gespräche
- Fehlende Begeisterung
- Neutraler Kommunikationsstil
- Fehlende Emotionen
- Festgefahrenheit
- Fehlende Spontanität
5. Green Flags: Alle Zeichen stehen auf Beziehung
Green Flags („grüne Flaggen“) geben grünes Licht für eine Partnerschaft. Sie sind ein Zeichen dafür, dass jemand eine gute Basis für eine Beziehung mitbringt und auf eine andere Person eingehen kann. Thaler erläutert: „Green Flags sind das genaue Gegenteil von Red Flags. Dabei handelt es sich um Zeichen für ein gesundes und sicheres Beziehungs- und Bindungsverhalten. Je mehr Green Flags, desto reifer, reflektierter und fähiger ist diese Person, eine sichere Bindung einzugehen und ein sicherer (und dadurch passender) Partner zu sein. Grundsätzlich gilt: alles, was Sicherheit, Verlässlichkeit und respektvolle Kommunikation ausstrahlt, leuchtet grün!“
So erkennt man Green Flags beim Dating
Bereits beim Dating erkennt man gut, ob das Match Potenzial für eine Beziehung hat. Die folgenden Verhaltensweisen sind laut Thaler Hinweise dafür, dass man das Dating ruhig fortsetzen kann:
- Offene Kommunikation über Absichten – das Gegenüber wird nicht bewusst in der Schwebe gehalten
- Ehrlichkeit
- Es geht nicht nur um körperliche Nähe, sondern das Interesse an der Person ist spürbar
- Sie oder er respektiert die Grenzen und das Tempo des Dating-Partners ohne beleidigt zu sein
- Bereitschaft, sich emotional zu öffnen
Beispiele für Green Flags in der Beziehung
Auch in einer Beziehung bekommt man tagtäglich Rückmeldung darüber, ob man sich in einer guten Partnerschaft befindet. Das sind laut Beziehungscoachin die Signale dafür:
- Emotionale Verfügbarkeit und die Bereitschaft, über Gefühle zu reden
- Sie oder er vermittelt ein Gefühl von emotionaler Sicherheit
- Gesundes Konfliktlösungsverhalten
- Sie oder er gibt dir das Gefühl, gehört und gesehen zu werden
- Sie oder er vermittelt Wertschätzung
- Sie oder er übernimmt Verantwortung für das eigene Verhalten und entschuldigt sich bei Fehlverhalten
- Sie oder er arbeitet aktiv an der Beziehung und kümmert sich um die gemeinsame emotionale Nähe
- Sie oder er verhält sich gegenüber Außenstehenden loyal zum Partner, auch wenn er nicht der gleichen Meinung ist
- Gesunde Balance zwischen Nähe und Distanz
- Klare Kommunikation über Wünsche und Bedürfnisse
- Verlässlichkeit und Konsequenz im Verhalten
So geht man mit den Flags beim Dating laut Beziehungscoachin richtig um:
1. Was sagen Sie zum Begriff Red Flags, Frau Mag.a Thaler?
„In den vergangenen Jahren tauchen vermehrt immer neue psychologisierende Anglizismen in der Liebe und Partnerschaft auf (wie zum Beispiel Ghosting, Breadcrumbing etc.) – dieser Trend ist aus meiner Sicht ein sehr guter und hat gesellschaftspolitisch viel mehr Nutzen als Schaden, da diese Begriffe gerade durch ihre oft inflationäre Verwendung ein breites Bewusstsein für bestimmte Verhaltensweisen von Menschen schaffen. Gäbe es keine Begrifflichkeiten dafür, würden wir diese Verhaltensweisen meist weder klar wahrnehmen noch beschreiben können. So ist es auch im Falle von Red Flags: Bevor wir wussten, was damit gemeint ist, hat uns diese Kategorie als wichtiges Bewertungs- bzw. Messinstrument im Kennenlernprozess gefehlt. Erst wenn wir zum Beispiel diesen Artikel lesen oder uns mit Freundinnen und Freunden über dieses Thema unterhalten, kann ein Prozess starten, der uns bewusst macht, welche „roten Warnsignale“ für uns persönlich relevant sind und wie wir diese bemerken. Bei Red Flags handelt es sich daher um ein Phänomen, das aus psychologischer Sicht wirklich sinnvoll ist.“
2. Red Flags & Co. helfen also bei der Orientierung, worauf es bei der Partnersuche wirklich ankommt?
„Ja, indem wir nach Red und Green Flags Ausschau halten, lernen wir, dass wir unsere Partner nicht mehr allein nach Aussehen, Charme, Status und Hobbies auswählen. Viel wichtiger sind Kriterien wie Charakter, Werte und Bindungsverhalten. Dann haben unsere Beziehungen endlich ausreichende Chance auf Stabilität, Tiefe und Wachstum. Damit schaffen wir nicht nur sinkende Trennungsraten, sondern vor allem stabilere und emotional sichere Beziehungen – sowohl für uns selbst, als auch für unsere (zukünftigen) Kinder.“
Wenn die Entschuldigung schwerfällt, kann es sich um eine Red Flag handeln …
3. Wie kann ich Yellow, Orange oder Red Flags beim Dating erkennen?
„Alles, was ein ,schlechtes Gefühl bzw. emotionale Unsicherheit auslöst oder verletzend ist, sollte in jeder Phase der Bekanntschaft offen angesprochen werden. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, auf das Bauchgefühl zu hören und nicht auf den Verstand. Der menschliche Körper, das heißt die eigene Intuition, spürt sofort, wenn etwas nicht passt. Reagiert das Gegenüber darauf nicht mit Offenheit, Verständnis und Empathie oder kehrt dieses Verhalten danach wieder, sollte man in der Dating-Phase schon den Fuß auf der Bremse haben.“
4. Wie soll man beim Erkennen einer Red Flag reagieren?
„Es gibt viele Red Flags, die einen sofortigen Rückzug verlangen. Grundlegend gilt: Sprechen Sie die Situation offen an und machen Sie die überschrittene Grenze beziehungsweise ihre verletzten Gefühle klar. Je nachdem, wie Ihr Gegenüber darauf reagiert, erscheint eventuell gleich erneut eine rote Flagge: Werden Gefühle und Gedanken nicht ernst genommen und fühlt man sich nicht respektvoll, sicher und empathisch behandelt, muss man den Rückzug antreten.“
5. Warum fällt das Erkennen von Warnzeichen schwer?
„Das menschliche Gehirn ist auf Gewohnheit ausgerichtet. Alles, was wir aus unserer frühesten Kindheit kennen, ist für unser vegetatives Nervensystem ,normal . Diese frühesten Erfahrungen prägen uns ein Leben lang, und zwar je mehr, desto weniger wir uns ihrer bewusst sind. Dabei ist es (leider) völlig egal, ob es sich um positive Erfahrungen aus unserer frühen Kindheit handelt oder um negative – wir fühlen uns als Erwachsene meist zu Menschen hingezogen, deren Verhalten uns (unterbewusst) bekannt vorkommt. Ein sehr klassisches Beispiel dazu: Wächst man als Tochter mit einem Vater auf, der nie viel kommuniziert sowie wenig Wertschätzung und Interesse am Leben der Tochter zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass einem das gleiche Verhalten bei einem Date vorerst gar nicht negativ auffällt, weil es für das Nervensystem bedeutet: bekannt = sicher und gut. Daher ist es beim Daten sehr wichtig, sich (gerne mithilfe einer Liste!) bewusst zu machen, welches Verhalten und welche Charakterzüge einem beim Gegenüber besonders wichtig sind – und welche nicht. Auf diese gilt es dann bewusst zu achten – bevor die rosa Brille einem den Blick fürs Wesentliche trübt.“
6. Warum sollte man sich Flags immer im Kontext ansehen?
„Man sollte grundlegend alle Flags im Kontext bewerten, da man allein über eine Verhaltensbeschreibung noch nicht auf den Menschen selbst, seinen Charakter und seine Motivation schließen kann. Die meisten Red Flags werden vom Kontext aber nicht mehr relativiert, hier sollte man unbedingt auf sein Gefühl vertrauen. Leider werden viel zu oft Red Flags heruntergespielt. Emotional bringt das dann später schwere Folgen mit sich. Daher sollte man Flags lieber streng bewerten und nicht zu nachsichtig sein.“
7. Worauf sollte man sich beim Dating und in der Kennenlernphase fokussieren? Ist hier das Identifizieren von Flags das wichtigste?
„Das Identifizieren von Red und Green Flags ist definitiv das Wichtigste im Kennenlernprozess. Wenn man das nicht tut, lässt man sich von Charme, Chemie und Hormonen verzaubern. Dabei übersieht man fast immer das Wesentliche. Anziehung und Verliebtheit sind keine Anzeichen und schon gar kein Garant für einen passenden Partner. Das wurde uns in den Hollywood-Filmen falsch vermittelt. Klarerweise geht es ohne Chemie nicht – aber viel wesentlicher ist der Charakter einer Person, ein gesundes und sicheres Bindungsverhalten, ein gewisser Reifegrad der Persönlichkeit und die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Würden wir rechtzeitig lernen, nach diesen Kriterien unsere Partner zu wählen, bliebe uns allen sehr viel emotionaler Schmerz und Leiden erspart.“