Resilienz: 6 Tipps stärken uns in Krisen
Wer gut mit Stress umgehen kann, steckt auch Krisen wie die Corona-Pandemie besser weg. Resilienz nennt die Psychologie diese innere Stärke – und die lässt sich erlernen.
Keine Frage, die Coronakrise hat uns alle ermüdet und viele sind nach wie vor besorgt. Warum können manche Menschen besser damit oder generell mit Lebenskrisen umgehen als andere? In der Psychologie wird diese vermeintliche Superpower „Resilienz“ genannt.
Ursprünglich bezeichnete der Begriff die Fähigkeit, Extremsituationen durchzustehen, ohne Schaden an der seelischen Gesundheit zu nehmen. Mittlerweile wird der Begriff häufiger verwendet –resilient ist, wer auch alltägliche Belastungen, wie Mental Load, gut meistert. „Im Idealfall gehen wir aus Krisen sogar gestärkt und mit persönlichem Wachstum heraus“, sagt die Psychologin und Resilienzforscherin Anneliese Aschauer-Pischlöger.
Für Viktor Frankl, den Begründer der Logotherapie, war übrigens die Selbst-Transzendenz grundlegende Voraussetzung für Resilienz: „Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.“.
Resilienzfaktoren sind individuell
Die eine bestimmte Resilienz gibt es dabei nicht. Vielmehr sind verschiedene Resilienzfaktoren bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Dazu zählen laut einer 2020 von Anneliese Aschauer-Pischlöger durchgeführten Covid-Resilienz-Studie: Eine gesunde und liebevolle Selbstfürsorge, Optimismus, Akzeptanz von Unveränderlichem, Zukunftsorientierung und Reflexionsfähigkeit. Übrigens: Sie können Ihre persönliche Resilienz mit einem psychologisch fundierten Online-Test überprüfen.
Die gute Nachricht: Resilienz ist kein Schicksal. Die Expertin ist überzeugt: „Jeder Mensch trägt eine gewisse Grundresilienz im Sinne eines gesunden Kerns in sich. Und: Resilienz lässt sich lernen und lebenslänglich weiterentwickeln.“ Wie auch Sie positive Gedanken fördern, diese innere Stärke lernen und in Ihren Alltag integrieren können? Wir haben die Psychologin um Tipps gebeten.
Resilienz stärken: 6 Wege, wie wir Krisen meistern
1. Negative Gefühle annehmen
In der Coronakrise erkennen wir zunehmend: Unser Leben hat sich radikal verändert und wir müssen viele Aspekte neu ordnen und gestalten. Sehen wir das positiv, meint die Expertin: „Die tägliche Herausforderung ist zugleich eine Chance für unsere Resilienzentfaltung.“, sagt Expertin.
Wenn wir es schaffen, Gefühle liebevoll anzunehmen, auch negative, sind wir schon auf dem richtigen Weg, unsere Resilienz zu stärken. Innere Stärke heißt auch: Wir dürfen Phasen voller Erschöpfung, Traurigkeit und Verunsicherung haben – beim Erlernen von Resilienz geht es nicht darum, immer alles positiv zu sehen oder sich abzuhärten.
2. Zuversicht pflegen
Wir dürfen und sollten also auch unsere Schwächen und unangenehmen Gefühle wahrnehmen, aber überrollen sollten sie uns nicht. Versuchen wir also, uns von der Angst oder Traurigkeit oder Verbitterung ein Stück weit zu distanzieren. Ziel: eine bewusst zuversichtliche Haltung. Wie das geht? Etwa, indem Sie ein gutes Gespräch mit einer vertrauten Person führen. Oder etwas tun, das Ihnen guttut und Kraft gibt. Gerade jetzt geht es noch mehr darum, die eigenen Ressourcen zu pflegen.
3. Denkmuster erkennen
Tauchen negative Denkmuster auf, sollten wir versuchen, diese erst einmal anzunehmen, rät die Resilienzforscherin. Im Sinne von: „Aha, so ticke ich also häufig.“ Das ist ein erster wichtiger Schritt, um in die eigene Steuerposition zu kommen. Beispiele für schädliche Denkmuster können sein: Immer dann, wenn es emotional unangenehm wird, suchen wir uns eine Ablenkung – z.B. Stressessen oder Social Media. Wichtig ist: Verurteilen wir uns dabei nicht – es gibt zumeist gute Gründe, weshalb sich dieses Denkmuster in uns entwickelt hat.
4. Neue Wege suchen
Im nächsten Schritt geht es darum, neue Muster zu entwerfen. Dafür müssen wir definieren, wie wir idealerweise gerne denken und handeln würden. Dies wird zu Beginn von innerem (und vielleicht auch äußerem) Widerstand und Spannung begleitet sein. Etwa, wenn wir uns vornehmen, uns mehr Me-Time zu gönnen oder die Hausarbeit mit dem Partner gerecht aufzuteilen. Damit verbundene Spannungen gilt es auszuhalten und gleichzeitig zu spüren, welche Kraft und Energie in selbstbestimmtem Handeln liegt – und, wie Sie damit resilienter werden.
5. An Krisen wachsen
Krisen werfen uns aus der Bahn. Sie katapultieren uns aber auch in die Lage, Gewohntes zu hinterfragen, das Leben zu reflektieren und neue Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen. Dadurch haben sie ein großes Heilungspotential, sagt Anneliese Aschauer-Pischlöger. Fragen an sich selbst zu stellen, kann uns dabei helfen, resilienter zu werden und unsere innere Kraft zu stärken. Etwa folgende:
- Was ist mir wirklich wichtig?
- Habe ich in letzter Zeit etwas viel zu sehr vernachlässigt?
- Wie stelle ich mir ein erfülltes Leben vor?
- Was braucht mein Umfeld?
- Welche Dinge sollte ich loslassen und akzeptieren?
- Was darf an Neuem hereinkommen?
6. Nach dem Wofür fragen, nicht nach dem Warum
Von entscheidender Bedeutung dafür, ob wir in Krisen tatsächlich Ressourcen und Stärken – und damit auch Resilienz – aufbauen können ist, wie wir diese Phasen bewältigen. Nicht jede Krise ist automatisch eine Chance. Manche Krise hinterlässt neben Lernerfahrungen auch tiefe Narben und macht uns sensibler für zukünftige Verletzungen.
Entscheidend ist dabei unsere eigene Bewertung: Wie ordne ich das Geschehene in meine Lebensgeschichte ein? Fragen Sie dabei nicht nach dem „Warum?“, sondern „Wofür?“ (Hier hilft noch einmal Viktor Frankl: „Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie.“)
Um Resilienz zu erlernen und uns damit zu stärken, sollten wir Krisenzeiten für Lernerfahrungen nutzen – mit Fragen wie diesen: ‚Welche Frage stellt das Leben hier an mich?‘ ‚Was gilt es jetzt für mich zu tun und zu lernen?‘ ‚Wofür kann das auch gut sein?‘