Wim-Hof-Methode: 6 Fakten übers Eisbaden und Expertentipps
Die einen frieren in Daunenjacke am Ufer, die anderen baden fröhlich im Eiswasser: Die Wim-Hof-Methode mit ihrer speziellen Atmung soll die Abwehrkräfte stärken. Aber ist das Baden im Eiswasser wirklich gesund? Und reicht nicht auch kalt duschen? Das sagt die Kneipp-Ärztin dazu.
Ob Extremdiät oder Extremsport: Eigentlich sind Extreme ja nie gut für die Gesundheit. Die Wim-Hof-Methode, also das Baden im Eiswasser, ist hier anscheinend die Ausnahme. Die Praktik soll das Immunsystem stärken und müde Körper wieder topfit machen.
Ob in einem ruhigen See oder in bewegten Gewässern: Kaltwasserschwimmen, auch Eisschwimmen, Eisbaden oder Winterbaden genannt, gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Schuld daran ist nicht zuletzt der niederländische Extremsportler Wim Hof, auch bekannt als „The Iceman“, der in Shorts auf den Mount Everest steigt oder nördlich des Polarkreises Marathons läuft – und auch einmal locker knapp zwei Stunden lang bis zum Hals im Eiswasser steht. Seine Erfolge führt der Extremsportler auf die von ihm selbst entwickelte Wim-Hof-Methode zurück. Wir haben die Kneipp-Ärztin Renate Webersberger, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kneippmedizin, zur Methode befragt.
Wim-Hof-Methode: Sieben eiskalte Fakten
1. Was ist die Wim-Hof-Methode?
Die Praktik setzt sich hauptsächlich aus einer speziellen Atemtechnik und dem regelmäßigen Baden in kaltem Wasser zusammen. Kaltwasserschwimmen soll helfen, das eigene Nervensystem zu steuern, das Immunsystem anzukurbeln, mehr mentale Stärke zu erlangen und sich körperlich wohler zu fühlen. Es muss aber nicht immer gleich ein Eisbad sein: Kalt duschen ist ebenso effektiv. Wim Hof selbst duscht nach eigenen Angaben jeden Tag nach dem Aufstehen drei Minuten lang kalt.
2. Wim-Hof-Methode: Was ist die Wirkung von Eisbaden?
Unser Körper versucht, seine Kerntemperatur konstant zu halten. Kaltreize stören dieses Gleichgewicht. Die Reaktion: Eine starke Steigerung der Durchblutung, damit sich der betroffene Bereich rasch wieder erwärmt. Die regelmäßige Anwendung von kaltem Wasser trainiert diese Reaktion. Der Körper lernt dabei, den Kaltreiz immer besser zu verarbeiten. Dieses Regulationstraining wirkt sich positiv auf den Körper aus. „Es stärkt das Immunsystem, es hilft beim Stressabbau, es trainiert das Kreislaufsystem und es macht weniger kälteempfindlich“, bestätigt die Ärztin. Auch, dass dabei entzündungshemmende Stoffe freigesetzt werden, ist einer der Vorteile von Eisbaden. Außerdem kann Eisbaden beim Abnehmen unterstützen und für hormonelle Balance sowie besseren Schlaf sorgen.
Eisbaden morgens sorgt für Motivation, da jede Menge Endorphine und Glückshormone dadurch freigesetzt werden und man in der Früh das Gefühl hat, schon etwas geschafft zu haben. Eisbaden abends dient dagegen eher der Entspannung. Und wie oft sollte man Eisbaden, damit es auch Wirkung zeigt? Einmaliges Eisschwimmen ist dafür zu wenig: Zweimal pro Woche oder auch öfter (aber am besten immer mit einem Tag „Ruhepause“ dazwischen) trainiert den Körper am besten.
Achtung: Wann ist Eisbaden gefährlich?
Besprechen Sie unbedingt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob Eisbaden für Sie geeignet ist. Bei Herz-Kreislauf-Problemen und Bluthochdruck dürfen Sie auf keinen Fall Eisbaden. Für alle gilt: Gehen Sie nie ohne Begleitung Eisbaden!
3. Eisbaden mit der richtigen Atemtechnik: So funktioniert die Methode
Das Atmen: Wir alle wissen, dass richtig Atmen wichtig ist. Die gesamte Methode beruht deshalb auch auf einer speziellen Atemtechnik: Dreißig- bis vierzigmal tief und ohne Pause ein- und ausatmen. Anschließend die Luft eine Minute lang anhalten. Zu Beginn zwei Runden lang, danach auch öfter. Die Atemübungen lassen sich zum Beispiel auch super mit ein paar Yogaübungen kombinieren.
Die Kälte: Haben Sie das Atmen gut im Griff, können Sie zum zweiten und essenziellen Teil der Methode übergehen – der Kälte. Traut man sich dann ins Eiswasser oder unter die kalte Dusche ist es wichtig, währenddessen auf den Atem zu achten und nicht in Schnappatmung zu verfallen.
4. Wie gewöhne ich mich an die Kälte?
Nicht gleich von 0 auf 100 gehen. Wim Hof selbst empfiehlt, sich langsam durch kaltes Wasser an die Kälte zu gewöhnen und dabei die spezielle Atemtechnik anzuwenden. Natürlich muss auch zwischen einer kalten Dusche und einem Eisbad unterschieden werden. Den Sprung ins Eisbad bitte nur nach Rücksprache mit einem Wim-Hof-Experten wagen. „In der Kneippmedizin verwenden wir zum Anfangen lieber milde Maßnahmen wie Wechselgüsse oder Wechselbäder und beginnen an den Beinen oder an den Armen“, sagt Kneippärztin Regina Webersberger.
Übrigens: Wer möchte kann im Herbst mit dem Eisbaden in der Natur beginnen, um sich Schritt für Schritt an die kalten Temperaturen des Wassers zu gewöhnen.
Zusatztipp: Es heißt zwar „Eisbaden“ – wenn das Wasser besonders kalt ist, bedeutet es aber eigentlich eher, kurz ins kalte Wasser zu gehen und dann sofort wieder rauszugehen. Setzen Sie dazu gerne eine warme Haube auf und tragen Sie bei Bedarf auch Handschuhe aus Neopren. Danach gleich gut abtrocknen, warme Socken und Handschuhe sowie möglichst weite, kuschlige Pullover und Hosen anziehen. Eine Thermoskanne mit warmem Tee oder eine heiße Dusche sind jetzt auch sehr willkommen – eine gute Auswahl an Tees und Duschgels finden Sie auf dm.at.
5. Wann ist es zu viel?
„Wenn mir nach dem Schwimmen im eiskalten Wasser den ganzen Tag kalt ist, dann war es zu viel“, sagt Webersberger. Problematisch ist Eisbaden für Menschen mit starken Durchblutungsstörungen und Bluthochdruck. Schafft es der Körper hingegen, zügig wieder auf Normaltemperatur zu kommen, dann „fühlt man sich nach einer solchen Maßnahme aktiviert, fit und ausgesprochen wohl!“
6. Gesund durch Eisbaden wie Wim Hof und Sebastian Kneipp?
Ein anderer legendärer Winterbader neben Wim Hof war Sebastian Kneipp, der heute als Vater der Kaltwasseranwendung gilt. Der bayerische Priester, der als Hydrotherapeut und Naturkundler berühmt wurde, begann zur Behandlung seiner Tuberkulose dreimal pro Woche in der eiskalten Donau ein Tauchbad zu nehmen. „Damit schaffte er es tatsächlich, seine Erkrankung zu überwinden“, sagt Kneippärztin Regina Webersberger.
Die gesundheitlichen Effekte sind wissenschaftlich belegt: Laut einer niederländischen Studie hatten jene Versuchspersonen, die nach einer warmen Dusche noch für mindestens 30 Sekunden kalt duschten, um 29 Prozent weniger Krankenstandstage als diejenigen, die nur warm duschten.
Buchtipp:
Die Wim-Hof-Methode
Wim Hof
Verlag: Integral