Make-up für Männer: Nische oder Trend?
Manche fragen sich: warum nicht? Andere sind sich sicher: Make-up für Männer geht gar nicht. Eine kleine Spurensuche.
Manche fragen sich: warum nicht? Andere sind sich sicher: Make-up für Männer geht gar nicht. Eine kleine Spurensuche.
Kulturgeschichtlich betrachtet ist Make-up für Männer alles andere als ein neues Phänomen. Bereits die Ägypter der Antike betonten ihre Augen mit schwarzem Kajal. Im Rokoko trugen Männer gar weißen Puder, Rouge und rote Lippenfarbe. Ab dem 20. Jahrhundert galt Make-up für Männer dann wieder als unangemessen. Lediglich für die exzentrischen Looks ikonischer Künstler wie David Bowie oder Prince drückte man ein Auge zu. Zum breitenwirksamen Thema wurde Make-up für Männer erst wieder mit dem Aufkommen des Begriffes „Metrosexualität“.
Neue Wahrnehmung durch Metrosexualität
Mitte der 1990er kam der Begriff der Metrosexualität erstmals auf und brachte einen ersten Wandel des Männerbildes mit sich. Aushängeschild dieses Trends war David Beckham, der ganz selbstverständlich lackierte Fingernägel trug und mit zahlreichen Frisuren experimentierte. Heute ist Metrosexualität ein Synonym für Männer mit extravagantem Look, die viel Wert auf Mode und Kosmetik legen, und sich damit ein Stück gegen das traditionelle männliche Rollenbild stellen. Einer der diesen Trend schon damals in einer eigenen Make-up-Linie für Männer aufgriff, war Modedesigner Jean Paul Gaultier. Die Linie verschwand jedoch schnell wieder aus den Kosmetikregalen. Scheinbar waren die Männer einfach noch nicht bereit für Make-up. Doch das ändert sich nun langsam.
Gender Shift: Grenzen verblassen
Seit einigen Jahren ist ein gesellschaftlicher Wandel zu beobachten, der die Gender-Vielfalt in das öffentliche Bewusstsein rückt. Frau ist demnach nicht gleich Frau, und Mann ist nicht gleich Mann. Der gesellschaftliche Diskurs wird Schritt für Schritt offener und hinterfragt traditionelle Rollenbilder und Normen. Dabei geht es nicht länger darum, ob Fußball oder Nagellack typisch männlich bzw. weiblich sind. Im Zentrum stehen individuelle Vorlieben, die losgekoppelt sind vom Geschlecht. So lässt sich auch in der Kosmetikbranche beobachten, dass Männer zuletzt stark aufgeholt haben. Insgesamt legen sie heute mehr Wert auf ihr Aussehen und geben dafür auch mehr Geld aus als noch vor einigen Jahrzehnten.
Der Markt in China wächst rasant
Nirgendwo sonst wächst die Nachfrage nach Make-up für Männer derzeit so stark wie in China. Nicht mehr nur Promis zeigen sich geschminkt, auch unter jungen Chinesen nimmt die Begeisterung zu. Eine männliche Beauty-Bloggerszene demonstriert auf YouTube dazu eindrücklich, wie Highlighting und Contouring funktionieren. Der Kosmetikriese L‘Oréal hat diesen Trend erkannt und in China mit House99 die erste eigene Männer-Make-up-Linie lanciert. Marktforschungsinstitute prognostizieren der Männerkosmetik in den nächsten fünf Jahren weltweit ein Wachstum von etwa 11 Prozent. In China wird es derzeit sogar auf voraussichtlich 15 Prozent beziffert.
Wird Make-up für Männer massentauglich?
Die Antwort ist wahrlich schwer vorauszusagen. Fest steht, dass den Männern mit eigenständigen Beauty-Linien nach und nach mehr Möglichkeiten eröffnet werden. Extravagant zeigen sich die Make-up-Produkte für Männer derweil aber noch nicht. Das Ziel scheint nach wie vor zu sein, zwar gepflegt, aber nicht zu augenscheinlich geschminkt auszusehen. So wollen Männer mit Make-up in erster Linie ihr Hautbild optisch verbessern. Wie viel Make-up bei Männern in Ordnung ist? Hauptsache Mann fühlt sich wohl. Und allen Skeptikern sei gesagt: Es stimmt, dass Männer kein Make-up brauchen – doch genauso wenig brauchen es Frauen. Aber wenn es Spaß macht und sich gut anfühlt, spricht dank des neuen Zeitgeistes nichts mehr dagegen.