Der ACTIVE BEAUTY Menstruations-Report
Wir müssen endlich reden! Die Menstruation ist weibliche Normalität, Basis für neues Leben – aber leider immer noch Tabuthema, wie die große dm Umfrage zeigt.
Inhaltsverzeichnis
- Fragen zu Menstruation –von Frauen aus elf Ländern beantwortet*
- Die eigene Befindlichkeit: Wie geht es Frauen während ihrer „Tage“?
- Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Wie viel Verständnis erfahren sie in puncto Menstruationsthemen?
- Zykluswissen und Vertrauen in Mütter, Ärztinnen und Ärzte: Wie gut sind Frauen informiert und wer ist die erste Anlaufstelle?
- Periodenarmut: Wie wichtig ist Frauen der Preis von Periodenprodukten?
- Mädchen müssen mehr über die Periode erfahren!
Dr. Gisela Gille ist Gynäkologin in Lüneburg (Deutschland) und sie klärt Mädchen über Frauengesundheit und Periode auf. Sie ist Autorin der Bücher „Mädchen fragen – Mädchenfragen“ sowie
„Mädchen fragen – Mütter wissen“.
Schmerzen, Stimmungsschwankungen, Angst vor plötzlich auftretenden Blutflecken – all das beschäftigt (und beeinträchtigt) Frauen, ohne dass es in der Öffentlichkeit ausreichend thematisiert wird: Vorgänge rund um die Periode gelten oft als persönliche Probleme, die möglichst verschwiegen werden sollten. Das hat zur Folge, dass Frauen im privaten, schulischen und beruflichen Umfeld kaum unterstützenden Umgang mit der Menstruation erfahren. Offene Kommunikation ist also dringend gefragt! Was beschäftigt Frauen in Bezug auf ihre Menstruation am meisten? Und wie viel Verständnis erfahren sie von außen? Dazu hat das renommierte Spectra-Institut im Auftrag von dm je
600 Frauen unterschiedlicher Altersgruppen in elf Ländern (Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Italien, Kroatien, Österreich, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) in einer repräsentativen Studie befragt. Mit spannenden und aufschlussreichen Informationen in puncto Frauengesundheit – und der klaren Erkenntnis, dass viel mehr getan werden muss, damit die Periode die nötige Aufmerksamkeit bekommt. Die erfahrene Gynäkologin und Buchautorin Dr. Gisela Gille hat die Ergebnisse der Studie für uns eingeordnet.
Fragen zu Menstruation –von Frauen aus elf Ländern beantwortet*
Die eigene Befindlichkeit: Wie geht es Frauen während ihrer „Tage“?
- 72 % der Befragten haben während der Periode Unterleibsschmerzen
- 39 % belasten fehlende Rückzugs- oder Home-Office-Möglichkeiten während der Periode
- 35 % reduzieren während der Menstruation sportliche und soziale Aktivitäten
„Es würde Mädchen und Frauen helfen, besser über ihren Körper Bescheid zu wissen. Die meisten sind nicht wirklich genau über die Abläufe des Zyklus informiert“, sagt Expertin Dr. Gisela Gille. „Wenn man diese Wertschätzung für den weiblichen Körper in die Köpfe der Mädchen, aber auch die der Gesellschaft bringen könnte, würde das die öffentliche Wahrnehmung des Themas verändern und die Frauen entlasten. Das hätte auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt: Nicht jeder Job erlaubt Homeoffice, aber Stichwort Period Positivity: Gesamtgesellschaftliche Anerkennung für die Leistungen des weiblichen Körpers wäre ein Anfang für ein Umdenken zu Themen, auf die es keine einfachen Antworten gibt.“
Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Wie viel Verständnis erfahren sie in puncto Menstruationsthemen?
- 60 % meinen, dass der Umgang mit der Periode ein schwieriges Thema ist
- 44 % der Frauen finden dabei vor allem die Tabuisierung der Menstruation problematisch
- ~ 70 % denken, dass Frauengesundheit generell zu wenig Platz in der Gesellschaft hat
Wenn man die hell erleuchteten Regale voll unterschiedlicher Menstruationsprodukte sieht, könnte man meinen, dass sich schon genug getan habe, um Menstruation und Frauengesundheit in die Öffentlichkeit zu rücken. Leider nicht, laut unserer Expertin: „Historisch und kulturell gesehen ist das Thema trotzdem schwierig. Menstruationsblut hatte lange Zeit etwas Magisches, Unerklärliches und etwas, was an Verletzung und Defekt erinnert. Es ist schwer, das aus den Köpfen der Menschen zu bekommen. Bis heute schämen sich viele Mädchen, empfinden ihre Periode als lästig oder als Einschränkung. Und man darf nicht vergessen: Die Menstruation betrifft den Intimbereich der Frauen. Es ist auch deshalb für viele Generationen und Kulturen eine Überwindung, darüber zu reden. Aber die Menstruation ist ein Zeichen von Stärke und eines gesunden Körpers, der neues Leben entstehen lassen kann. Das muss erst verinnerlicht werden.“
Zykluswissen und Vertrauen in Mütter, Ärztinnen und Ärzte: Wie gut sind Frauen informiert und wer ist die erste Anlaufstelle?
- 33 % fühlen sich gar nicht oder unzureichend über die Periode informiert
- 45 % waren bei ihrer ersten Periode zwischen 13 und 14 Jahre alt
- 58 % wurden von ihrer Mutter über die Regelblutung aufgeklärt
- 40 % hatten zwischen 16 und 20 Jahren den ersten Frauenarztbesuch
- 44 % wurden dabei von ihrer Mutter begleitet
„Diese Aussagen decken sich mit immer wieder bestätigten Untersuchungen, dass die Mutter für Mädchen die wichtigste Bezugsperson in Sachen Aufklärung und Menstruationswissen ist“, ordnet Expertin Dr. Gille die Daten ein. „Die Einstellung der Mutter zum Thema Menstruation ist also ganz entscheidend dafür, wie Mädchen ihre Periode wahrnehmen. Die zweite Ansprechperson ist dann die Frauenärztin oder der Frauenarzt. Unbedingt notwendig wäre, dass Aufklärung in der Schule ansetzt. Und: mehr Angebote für Mütter, um den Kreislauf der Desinformation zu durchbrechen. Denn Mütter können ihren Töchtern nur das vermitteln, was sie selbst wissen und was sie als Frau repräsentieren.“
Periodenarmut: Wie wichtig ist Frauen der Preis von Periodenprodukten?
- 41 % freut es, wenn kostenlose Produkte im öffentlichen Raum verfügbar sind
- 47 % empfinden dieses Gratis-Angebot als Zeichen der Wertschätzung
- 48 % entscheiden sich eher für günstige als nachhaltige Periodenprodukte
Für viele ist es finanziell kaum machbar, ausreichend Periodenartikel zu kaufen – dieses Problem bezeichnet der Begriff „Periodenarmut“. Dr. Gisela Gille sieht da besonders öffentliche Institutionen in der Pflicht: „Vor allem auf Schultoiletten bräuchte es eine flächendeckende Versorgung mit kostenlosen Menstruationsprodukten. Die Angst, dass Tampons oder Binden im großen Stil entwendet werden – ein häufiges Gegenargument – ist aus meiner Sicht unbegründet. Weil es überall verfügbar ist, nimmt man ja auch kein Klopapier mit nach Hause.“
* Studie: Spectra-Institut im Auftrag von dm. Mehrfachnennungen waren möglich.
Mädchen müssen mehr über die Periode erfahren!
Kommentar von Dr. Gisela Gille
„Durchschnittlich blutet eine Frau 2.000 Tage in ihrem Leben – das alleine ist Grund genug, sich damit ausführlich auseinanderzusetzen. Der weibliche Zyklus als Symbol fürs Erwachsenwerden, Kinder bekommen können und die Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht ist für ein Mädchen ein bedeutsames körperliches, seelisches und soziales Ereignis. Das Einsetzen der Menstruation aber ist ein komplexes Phänomen, das ohne kompetente Erklärungen ambivalente Gefühle auslösen muss. Wenn unumstritten ist, dass das körperliche und seelische Befinden vor und während der Menstruation von jedem Mädchen vor dem Hintergrund ihres Wissens und ihrer Einstellung wahrgenommen wird, dann kann es nicht verwundern, wenn viele aus Mangel an Informationen diesen prinzipiell vitalen Vorgang als Zumutung empfinden und von ihrem Körper abspalten. Noch ein Grund, sich eingehend mit der Menstruation zu befassen!“