Mental Health Awareness Month: Interview mit Simon Lewis
Der Musiker Simon Lewis lebt in Wien und ist den meisten durch seine Hits wie „Break your Wall“, „Hey Jessy“ oder „All I Am“ aus dem österreichischen Radio bekannt. Er war bereits dreimal für den Amadeus Award nominiert und mit George Ezra auf Tour. Im Frühjahr ist sein zweites Album „Rebel“ erschienen. Für ACTIVE BEAUTY hat er sich Zeit für ein Gespräch genommen.
Am 3. März 2023 ist dein neues Album „Rebel“ erschienen. Welche Themen verarbeitest du auf deinem Album?
Eine Themenvielfalt, hauptsächlich meine Emotionen, und da geht’s sehr viel um Beziehungen, die in die Brüche gegangen sind und auch die Entstehung davon. Es handelt sich um das Aufsammeln der ganzen Reise: Menschen kennenlernen, sich verlieben, eine Verbindung aufbauen und diese Verbindung dann auch wieder zu verlieren und zu zerbrechen. Und dazu kommt nämlich auch Mental Health, weil das für mich auch ein großes Thema ist, das hat sich in den Songs auch widergespiegelt.
Liegt dir ein Song von deinem Album besonders am Herzen?
Ja, also es sind auf jeden Fall mehrere. Einer der mir sehr viel bedeutet, ist der Song „I don’t mind“. Das ist der dritte Titel auf dem Album. Da geht’s eigentlich genau um die Depressionen, um diesen inneren Kampf, den ich so mit mir hatte. Das ist der erste Song, in dem ich wirklich die tiefsten oder die dunkelsten Gedankengänge verarbeiten konnte. Und das bedeutet mir extrem viel, dass ich diesen Song schreiben und das für mich damit abschließen konnte.
Wie hast du zur Musik gefunden und welche Bedeutung hat Musik für dich?
Musik hatte für mich immer schon eine große Bedeutung – durch meine Familie. Mein Vater hat selber sein Leben lang musiziert und spielt unglaublich schön Gitarre und Klavier. Er hat für uns, meine Geschwister und mich, damals schon als Kinder immer Gute-Nacht-Lieder gesungen. Ich war von Anfang an umgeben von Musik und er hat mir dann Lust darauf gemacht, Gitarre zu lernen. Als ich das dann begonnen habe, habe ich für mich gemerkt, was Musik kann und was das mit einem macht. Und dann ist Musik ein Schutzraum für mich geworden, den ich immer öffnen kann, sobald ich die Gitarre in die Hand nehme und wo ich drauflos spiele und einfach sofort merke, wie es mir dadurch besser geht.
Im Mai ist Mental Health Awareness Month. Bei ACTIVE BEAUTY geben wir immer jede Menge Ratschläge zu Selfcare und Mental Health. In Interviews und auf deinem Album fokussierst du dich auch auf diese Themen. Was tust du aktiv für deine mentale Gesundheit? Hast du Tipps, die du gerne mit unseren Leserinnen und Lesern teilen möchtest?
Ja, sehr gerne. Ich glaube, man muss sehr viel für sich selber ausprobieren und herausfinden, was das Passende für einen ist. Das war bei mir damals auch so. Ich habe gemerkt, dass das generell kreative Sachen bei mir sind. Ich habe immer schon Musik gemacht und ich merke, wenn ich Gitarre spiele oder singe, dann verlässt viel Negatives meinen Körper. Das hilft extrem. Ich wollte natürlich auch ein paar andere Wege finden und ich bin dann zum Malen gekommen. Das ist auch unglaublich meditativ für mich gewesen, weil du so aus deinem Kopf rauskommst. Du bist nicht in deinen Gedanken gefangen, sondern malst einfach vor dich hin und das ist befreiend. Und was ich auch bemerkt habe, das mir hilft, ist Kochen. Das ist eine Leidenschaft, die ich mir in der Pandemie angeeignet habe und die für mich ebenso meditativ ist. Und es gibt dir auch so ein schönes Gefühl. Bei mir war es oft so, dass ich negative Gedanken wie „Ich schaffe nichts“ oder „Ich kriege nichts auf die Reihe“ hatte. Aber wenn du kochst, dann gibt dir das Endergebnis noch so ein positives Gefühl obendrauf, weil du etwas geschafft hast und du dich quasi selber damit belohnst. Das ist extrem schön. Und wahrscheinlich der Tipp, den alle geben: Sich einfach zu bewegen. Sport, spazieren gehen, aber hauptsächlich sich einfach zu bewegen. Man muss sich manchmal zwingen, ich habe aber das Glück, dass ich einen Hund habe, mit dem ich rausgehen muss und das tut mir auch extrem gut.
Wie gehst du mit dem Druck im Musik-Business um?
Mal so, mal so. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich mache mir gar keinen Druck. Die meiste Zeit ist es relativ entspannt. Während ich Musik mache, spüre ich überhaupt keinen Druck. Aber wenn ich an meine Zukunft denke, dann verspüre ich sehr großen Druck, weil ich immer an die Musikszene denke. Weil du einfach nicht vorhersehen kannst, wie’s weiter geht, wie’s voran geht und das macht mir manchmal schon Angst. Aber ja, da darf man sich nicht beirren lassen. Das Wichtigste ist immer, sich zu erinnern, warum man etwas überhaupt angefangen hat oder warum man etwas macht. Und wenn du diese Motivation immer noch teilst, dann solltest du auf jeden Fall auch dranbleiben und das machen.
Ein weiteres wichtiges Thema für ACTIVE BEAUTY ist Self-Empowerment. Du bist ein gutes Beispiel dafür, dass man an seine Träume glauben soll. Wie kann man sich deiner Meinung nach im Glauben an sich selbst immer wieder bestärken?
Ich habe mich schon immer als Träumer gesehen, ich war auch als Kind einer, der den ganzen Tag nur Tagträumen nachgehangen ist und im Endeffekt haben mich diese Tagträume dorthin geführt, wo ich jetzt bin und auch diese ganzen Chancen ermöglicht. In einer Phase, wo es mir weniger gut ging und wo ich mich auch irgendwie ein bisschen verloren gefühlt habe, da bin ich dann draufgekommen, wie wichtig es ist, einfach zu träumen und auch Träume zu wahren. Dabei wurde ich aber immer mehr mit der Realität in unserer Gesellschaft konfrontiert. Und ich merke, dass es mir dadurch immer schwerer fällt zu träumen. Jeder von uns führt ein einzigartiges Leben mit individuellen Erfahrungen. Die große Challenge dabei ist, dass man sich nicht so sehr von anderen beeinflussen oder fertig machen lässt. Es ist gut, dass es dich gibt in dieser Welt und du brauchst dir von niemandem einreden lassen, dass du weniger Wert bist. Das ist eine Challenge, mit der wir alle zu kämpfen haben.
In deinem Song „Good enough” beschäftigst du dich mit Selbstwert, dem Wunsch dazu zugehören und angenommen zu werden – Themen, die in Zeiten der großen Bedeutung von Social Media sehr aktuell sind.
Ja, genau. Ich glaube durch Social Media ist es einfach so, dass wir uns ungewollt und unbewusst die ganze Zeit mit anderen Menschen vergleichen. Und das 24 Stunden am Tag. Da siehst du halt jetzt auch die Auswirkungen. Vielen ist das bewusst und anderen nicht. Darum ging es auch in „Good enough“. Ich habe Phasen gehabt, in meiner Jugend und in meiner Pubertät vor allem, wo ich einfach das Gefühl hatte, nicht einer von diesen Leuten sein zu können, weil ich nicht gut genug bin. Oder auch in der Liebe zum Beispiel: Nicht glauben zu können, dass dich jemand liebt, weil du nicht das bieten kannst, was eine andere Person vielleicht bieten könnte. Das ist einfach ein extrem dunkler und toxischer Gedankengang. Da muss man echt stark differenzieren und im besten Falle sollte man auch etwas dagegen tun.
Du bist selbst sehr aktiv auf Social Media. Machst du privat Digital Detox?
Ja, ich sollte auf jeden Fall Digital Detox machen. Ich habe es noch nie geschafft, ich bin ein ganz schlimmer Konsument. Ich muss mich da noch mehr zwingen. Es ist auch so ein Teufelskreis, auf der einen Seite erstelle ich Content und da beschäftigst du dich natürlich auch damit, wie das gut funktioniert. Und selber muss ich aber dabei aufpassen, nicht in so eine Falle zu tappen. Das ist auch ganz schwierig. Aber ich versuche zumindest mit meinem Content – und darauf lege ich schon Wert – in einem Rahmen zu bleiben, der mental sehr schonend ist.
Dadurch, dass du so offen über Mental Health sprichst, schaffst du auf jeden Fall Bewusstsein für das Thema. Das macht es hoffentlich einfacher für Menschen, sich Probleme einzugestehen und Hilfe zu suchen. Es sollte normal sein, sich in einer schwierigen Lebensphase Unterstützung zu holen.
Absolut, das ist mir auch ein Herzensanliegen – gerade auch bei Männern. In meiner Zeit beim Zivildienst an einer Neuen Mittelschule habe ich gemerkt, dass es einfach noch immer negativ behaftet ist, weil man selber das Gefühl hat, dass man da ein Stück von seinem Selbstwertgefühl verliert. Im Endeffekt passiert aber genau das Gegenteil, darum ist mir das ein besonderes Anliegen.
Abschließend noch ein Blick in die Zukunft. Was ist deine persönliche Vision für die Zukunft? Und welche Veränderungen würdest du dir in der Welt wünschen?
Für mich selber ist es auf jeden Fall neue Musik rauszubringen und meinen Platz in der Musik zu finden. Was ich mir für die Welt wünschen würde, ist, dass wir entgegen allen Vorhersagen vernünftig in die Zukunft gehen und ich hoffe, dass wir ein großes Bewusstsein schaffen und dass psychische Hilfe, wie Therapie viel leichter zugänglich wird und jeder davon seinen Nutzen ziehen kann. Da müsste man schon in der Schule viel mehr ansetzen und das würde ich mir auch für die Zukunft wünschen.
Hinweis:
Wenn Sie Unterstützung benötigen, suchen Sie sich unbedingt professionelle Hilfe. Hier finden Sie Informationen zu Anlaufstellen. Sie können sich auch an die Telefonseelsorge wenden.
Musiktipp:
Rebel
Simon Lewis
töchtersöhne records 2023