Active Beauty
Patch me if you can!
Text: Sandra Steindl
Lesedauer: min
Modisches Comeback

Patch me if you can!

Was zu Großmutters Zeiten dazu diente, Löcher und verschlissene Stoffstellen zu verstecken, wurde Anfang der 70er-Jahre zum Symbol politischer Rebellion: Patches! Jetzt erleben die Aufnäher ein Revival in der Mode.

Ein Accessoire wird zum Symbol

Kleidung mit Aufnähern zu schmücken, hat eine lange Tradition. Doch wurden damit lange nur Löcher versteckt oder Rangordnungen auf Uniformen kenntlich gemacht, läutete erst der Beginn der Punk-Ära in Kalifornien Anfang der 70er-Jahre die Zeit der Patches so richtig ein. Fans von Bands wie den Beastie Boys, Kraut oder den Bad Brains begannen damit, sich mit ihrer Anhängerschaft nicht nur zur Musik, sondern auch zu einer politischen Haltung zu bekennen und ihr mit modischen „Accessoires“ wie Patches auf Jeansjacken, Jeanshosen, Parkas und anderen Kleidungsstücken Ausdruck zu verleihen. Bis heute sind Patches die Verkaufsschlager an den Merch-Ständen auf Konzerten. Ihre symbolische „Instrumentalisierung“ sind sie also bis heute nicht losgeworden. Wer eine Jeansjacke voller Aufnäher trägt – egal ob mit oder ohne politischer Message – signalisiert damit immer auch einen Hang zu Unangepasstheit und Individualität.

Fashion follows function?

Patches gibt es heute in allen Formen, Materialien und Designs. Zumindest auf den ersten Blick haben sie in der Modewelt allerdings nur wenig mit politischem Understatement zu tun. Eine ganze Generation von Designern hat sich den Aufnähern angenommen – um sie neu und „wertefrei“ zu interpretieren. Wie verstofflichte kleine Kunstwerke, die dem Eklektizismus der Catwalks dieser Welt anhaften. Ob Guccis Alessandro Michele, Loewes Jonathan Anderson oder Célines Hedi Slimane: Selbst Haute Couture, die Mutter der Mode, liebt Patches. Stellt man unter diesem Aspekt die Frage nach der symbolischen Kraft von modischen Patches erneut, kommt man um ein Zugeständnis nicht herum: Gerade dieses fulminanteste aller Fashion-Inszenierungen ist nur vermeintlich unpolitisch. Oder gibt es etwas unangepassteres als in monatelanger Handarbeit gefertigte Schneidereien, die dann keiner tragen kann? Fest steht, wer seinen Lieblingsteilen im DIY-Ethos Patches verpasst, verleiht damit immer auch ein seiner eigenen Persönlichkeit Ausdruck – ob es sich nun um ein klares Statement oder den guten alten Aufnäher in Herz-Form handelt.

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