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Breathwork: Mit der richtigen Atemtechnik zu mehr Wohlbefinden
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Entspannt atmen

Breathwork: Mit der richtigen Atemtechnik zu mehr Wohlbefinden

Wir alle atmen täglich tausende Male. Unser Körper macht das ganz von selbst, um zu überleben – und doch können wir ihn durch bewusstes Atmen dabei unterstützen, gesund zu bleiben. Breathwork, also bewusstes Arbeiten an der Atmung, kann dabei helfen, ungesunde Atemmuster zu durchbrechen, unser Nervensystem zu beruhigen und so das Wohlbefinden zu steigern. Expertin Florentina Vedernjak ( Flow of Breath - Breathwork in Wien | Trauma-sensitiv) erklärt, wie es funktioniert.

Breathwork-Expertin Florentina Vedernjak (www.flowofbreath.at) hält ihn Wien Workshops ab, in denen durch Breathwork Stress, Anxiety und innere Anspannung abgebaut werden sollen. ACTIVE BEAUTY erklärt sie, wie uns Breathwork zu mehr Wohlbefinden verhelfen kann.

Was ist Breathwork?

Breathwork oder Atemarbeit ist eine Praxis, die Atemtechniken verwendet, um emotionale und körperliche Gesundheit zu fördern. Sie basiert auf dem Prinzip, dass unsere Atmung direkten Einfluss auf unser Wohlbefinden hat. Breathwork ist zwar eine eigene Technik mit unterschiedlichen Ansätzen, wird aber gerne begleitend im Yoga und zur Meditation eingesetzt.

Was sind die bekanntesten Techniken?

  • Pranayama: Mit dieser Atemtechnik aus dem Yoga soll man Kontrolle über seine Atemtechnik erlangen
  • Holotropes Atmen: Die Methode der kontrollierten Atmung wird oft von Musik begleitet und verspricht emotionale und psychische Heilung. Dabei atmet man tief und schnell, ohne Pause zwischen Ein- und Ausatmen.
  • Kohärente Atmung: Langsames, gleichmäßiges Atmen im Rhythmus von ca. fünf Atemzügen pro Minute, die das Nervensystem zur Ruhe kommen lassen und den Herzschlag verlangsamen sollen.
  • Transformational Breath: Hier sollen emotionale Blockaden gelöst werden.
  • Wim-Hof-Methode: Spezielle Atemtechnik mit Kältetherapie und Meditation, mit dem Ziel, die geistige Resilienz zu steigern.

Wie funktioniert das Arbeiten mit dem Atem?

Generell kann man die Atmung in drei Kategorien einteilen:

  1. Die erste Kategorie ist die funktionelle Atmung – also das unbewusste Atmen, das der Körper ganz automatisch macht. Das passiert also sowieso, aber viele Menschen haben sich dabei ungesunde Muster eingelernt wie eine zu flache Atmung oder eine Atmung durch den Mund. Das alles belastet den Körper. Bei Frauen sieht man oft, dass sie fast immer unbewusst den Bauch einziehen oder anspannen. Dadurch wird das Zwerchfell nicht genug bewegt. Das kann man erkennen, weil sich dann oft beim Atmen die Schultern leicht heben.
  2. Die zweite Kategorie sind bewusste Übungen, die man in den Alltag integriert. Tief durchatmen bei Stress, aber auch kurze Atemmuster, die man üben kann. Man sollte zum Beispiel immer länger ausatmen als einatmen. Unser Körper kann dann mehr CO2 produzieren, dadurch wird das parasympathische Nervensystem aktiviert. Das entspannt uns automatisch.
  3. Die dritte Kategorie sind meistens Atemmeditationen mit einem bestimmten Ziel. Das kann mentale Klarheit oder Meditation sein. Manchmal möchte man auch andere Bewusstseinszustände erreichen.

Ich zeige in meinen Klassen, wie man seine Atmung schulen kann und durch richtiges Atmen mehr Lebensqualität bekommt. Dabei kommt meistens die Two-Part-Breath-Technik zum Einsatz. Das ist eine kontrollierte, langsame Hyperventilationstechnik, die das sympathische Nervensystem aktiviert. Wir gehen dabei absichtlich in eine Stressreaktion. Dabei beginnt der ganze Körper zu kribbeln. Die Hände und die Füße können auch krampfen oder man wird schwindelig, deshalb passiert das alles im Liegen. Meistens kommen durch die bewusste Auseinandersetzung mit dem Atem viele Gefühle hoch. Darauf folgt eine Ruhephase, in der man langsam und bewusst atmet, um wieder in die Entspannung zu kommen. Langfristig profitieren der Körper, das Nervensystem, das Körpergefühl und auch die Alltagsatmung davon.

Für wen ist Breathwork nicht geeignet? Kann es gefährlich werden?

Grundsätzlich ist es für jeden geeignet, aber ich arbeite zum Beispiel nicht mit Schwangeren. Der Körper in der Schwangerschaft braucht keine Aktivierung durch Stress und es könnte zu Komplikationen kommen. Natürlich gibt es für Schwangere auch Atemtechniken, die entspannen und mit deren Hilfe sie sogar besser mit Schmerzen während der Geburt umgehen können. Das sind dann aber entspannende, weniger intensive Techniken.
Auch bei Traumata muss man sensibel vorgehen. Wenn man durch Atemtechniken wie Rebirthing oder Holotrophic Breathwork Menschen bewusst durch hyperventilationsähnliche Atmung in tranceartige Zustände versetzt, kann das Bewusstsein erweitern, aber auch re-traumatisierend sein. Deshalb muss man vorher genau besprechen, was passieren kann. Manchmal verkrampfen die Finger oder der Mund. Das kann beängstigend sein und die Menschen müssen vorher lernen, sich aus solchen körperlichen Reaktionen zu befreien.

Welche sicheren Übungen für zu Hause gibt es?

Ich empfehle das Box-Breathing oder die 4-7-8-Atmung. Beim Box-Breathing stellt man sich eine Schachtel vor, die auf allen Seiten gleich lang ist. Also wir atmen vier Sekunden ein, halten vier Sekunden die Luft an, atmen vier Sekunden aus, halten vier Sekunden die Luft an. Ähnlich funktioniert die 4-7-8-Atmung. Da atmen wir vier Sekunden ein, halten sieben Sekunden die Luft an und atmen acht Sekunden aus. Bei beiden Methoden wird man recht müde und entspannt.

Wer eine aktivierende Übung für den Morgen ausprobieren möchte, kann die Zwerchfellatmung probieren: Dabei geht man in die Cat-Cow-Position, die man vom Yoga kennt: Man macht im Sitzen statt im Vierfüßlerstand einmal den Rücken zu einem Katzenbuckel, dann man ein Hohlkreuz. Beim Ausatmen beugt man sich nach vorne, mein Einatmen setzt man sich auf. Diese Übung weckt auf und schenkt in der Frühe Energie.

Spielt Breathwork auch im Somatischen Training eine Rolle?

Der Psychologe Peter Levine hat sich damit beschäftigt, wie Tiere mit Situationen umgehen, in denen es um Leben oder Tod geht. Diese sind ja viel öfter in solchen Situationen und haben aber trotzdem viel seltener Anzeichen von posttraumatischen Belastungsstörungen. Er wollte also herausfinden, wie Tiere mit Belastungen umgehen und die Theorie aufgestellt, dass Tiere über den Körper Stress abbauen. Das sind Strategien wie fauchen, kratzen, kämpfen, davonlaufen, sich verstecken, schreien. Diese Dinge passen natürlich nicht in unsere Gesellschaft und das bedeutet für uns Menschen, dass wir in post-traumatischen Situationen oder Stresssituationen fast immer erstarren. Dadurch können sich Traumata sprichwörtlich im Körper festsetzen. Somatisches Training will sie freisetzen und Breathwork kann dabei helfen, weil man sich bei aktiven Techniken absichtlich in Stresssituationen hineinversetzt; sich erlaubt, all diese Reaktionen nachzuholen und sie dann in Form von Emotionen wie Weinen, Schreien, sich bewegen oder Ähnliches, rauszulassen. Insofern gibt es Überschneidungen mit dem Somatischen Training.