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HIV: Expertinnen geben Antworten auf die wichtigsten Fragen
Text: , , Andrea Brunner

HIV und AIDS

HIV: Expertinnen geben Antworten auf die wichtigsten Fragen

Der Umgang mit der Virusinfektion HIV ist noch immer von längst überholten Vorurteilen geprägt. Dabei ist HIV heute mit hochwirksamen Medikamenten sehr gut behandelbar, wie die Aids Hilfe Wien erklärt. Erfahren Sie weitere wichtige Fakten zu HIV-Übertragung, HIV-Symptomen und den Möglichkeiten von Schnell- und Selbsttests. Plus: Wie gelingt es, HIV-positive Menschen endlich nicht mehr zu stigmatisieren?

In Österreich leben laut ÖAG (Österreichische Aids Gesellschaft) rund 8.000 bis 9.000 Menschen mit dem HI-Virus. Jedes Jahr werden rund 350 bis 400 Neudiagnosen gestellt. Das ist, abgesehen von Corona-bedingten Schwankungen, ein recht stabiler Wert. Eine wichtige Anlaufstelle bei Verdacht einer HIV-Infektion sind die Zentren der Aids Hilfe in den jeweiligen Bundesländern. Die wichtigsten Fakten rund um das Thema HIV hat sich ACTIVE BEAUTY von Mag.a Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien, erklären lassen.

Dr. Eva Lunzer-Mühl hat uns erklärt, wieso Safer Sex so wichtig ist, um sich vor HIV und anderen Geschlechtskrankheiten zu schützen.

1. Was ist HIV – und wann spricht man von AIDS?

Andrea Brunner: Die Abkürzung HIV steht für „Humanes Immunschwäche-Virus“. Ein Mensch, der sich mit dem HI-Virus angesteckt hat, wird als HIV-positiv bezeichnet. Durch die Ansteckung wird das Immunsystem langfristig geschwächt. Der Körper ist weniger abwehrfähig und anfälliger für bestimmte Krankheiten wie zum Beispiel Lungenentzündungen.

Ist das Immunsystem so schwach, dass lebensgefährliche Erkrankungen auftreten, spricht man von AIDS. Die Abkürzung steht für „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, übersetzt heißt das „Erworbenes Immunschwäche-Syndrom“.

2. An welchen Symptomen lässt sich eine HIV-Infektion erkennen?

Dr. Eva Lunzer-Mühl: Bei einer HIV-Infektion kommt es ungefähr nach sechs Tagen bis sechs Wochen zu unspezifischen Symptomen: grippeähnliche Symptome, Lymphknotenschwellungen, Durchfall und Hautausschläge. Danach folgt ein langer, symptomloser und beschwerdefreier Zeitraum. AIDS, das Vollbild von HIV, ist dann sozusagen die komplette Zerstörung des Immunsystems. Harmlose Keime können zu lebensbedrohlichen, oft tödlichen Erkrankungen führen.

Andrea Brunner: Bleibt HIV über mehrere Jahre unbehandelt, können Symptome wie langanhaltender Durchfall oder Nervenschädigungen an Armen und Beinen auftreten. Geschlechterspezifische Unterschiede gibt es nicht; Männer und Frauen können ähnliche HIV-Symptome entwickeln.

3. HIV-Übertragung: Wie wird das HI-Virus übertragen?

Andrea Brunner: HIV wird am häufigsten durch Körperflüssigkeiten wie Blut, Sperma oder Vaginalflüssigkeit übertragen. Das höchste Risiko einer HIV-Übertragung besteht bei ungeschütztem Vaginal- und Analverkehr. Oralsex ist wenig risikoreich, sofern weder Sperma noch Menstruationsblut in den Mund gelangen.
Die Gefahr einer Ansteckung besteht aber auch bei gemeinsam benutzten Utensilien beim Drogenkonsum und bei jeder Art von Blutkontakt – auch bei Erster Hilfe.
Die Übertragung von einer HIV-positiven Mutter an das ungeborene Kind ist ausgeschlossen, wenn die Mutter in der Schwangerschaft unter wirksamer HIV-Therapie steht. „Schwangere Frauen, die HIV-positiv sind, sollten aber in jedem Fall laufend mit ihren Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern aus HIV-Behandlung und Gynäkologie sprechen“, betont die Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien.
In der ACTIVE BEAUTY Frauensprechstunde erklärt die Gynäkologin Dr. Eva Lunzer-Mühl die wichtigsten Fakten zur Übertragung von HIV, wie man sich davor schützen kann und was die Symptome sind:

4. Wie kann man sich vor einer HIV-Infektion schützen?

Der beste Schutz vor HIV ist Safer Sex – da sind sich beide Expertinnen einig.
Laut Andrea Brunner gehören dazu die folgenden drei Maßnahmen:

  • Der einfachste Schutz ist noch immer beim Sex ein Kondom oder Femidom – ein „Frauenkondom“ – zu verwenden. So kann das Virus, sollte das Gegenüber HIV-positiv sein, nicht auf die Schleimhäute und in den Körper gelangen.
  • Menschen, die HI-positiv sind, können ihre Sexualpartnerinnen oder Sexualpartner schützen, indem sie ihre HIV-Medikamente regelmäßig einnehmen. Durch die wirksame HIV-Therapie kann das Virus beim Sex nicht mehr übertragen werden.
  • Risikogruppen mit einer hohen Ansteckungsgefahr können vorbeugend HIV-Medikamente einnehmen, um sich vor einer Infizierung zu schützen. Der Fachbegriff dafür ist Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP). Das heißt so viel wie „Vorsorge vor einem möglichen HIV-Kontakt“. „Zu den Risikogruppen zählen zum Beispiel Männer, die Sex mit Männern haben, Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter, Menschen in Beziehung mit einem HIV-positiven Menschen ohne effektive Therapie sowie Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnerinnen oder Sexualpartnern“, erklärt Andrea Brunner. Die PrEP-Medikamente waren in Österreich bisher kostenpflichtig. Seit April 2024 können sich vulnerable Gruppen das Geld von der Krankenkassa rückerstatten lassen.

Dass man keine Drogen nehmen soll, ist klar. Wer trotzdem Drogen konsumiert, für den lautet die Devise Safer Use, um sich vor einer HIV-Infektion zu schützen. Das heißt, man verwendet nur eigenes Spritzbesteck und sorgt für hygienische Bedingungen.

5. Wie schützt man sich nach ungeschütztem Sex vor einer HIV-Infektion?

Andrea Brunner: Als Notfallmaßnahme nach ungeschütztem Sex gilt die PEP-Therapie (Postexpositionelle Prophylaxe). Eine Notfall-Situation kann sich etwa durch einen Kondomriss oder bei sexueller Gewalt ergeben. Auch wenn die HIV-positive Sexualpartnerin oder der HIV-positive Sexualpartner die HIV-Medikamente über eine längere Zeit nicht eingenommen hat, kann man durch eine PEP-Therapie vorsorgen.

Was ist im Notfall konkret zu tun? Wer dem Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt war, sollte rasch eine Notfallambulanz aufsuchen. Dabei wird abgeklärt, ob eine PEP-Therapie nötig ist. Falls ja, sollte maximal 48 Stunden nach dem Risikokontakt damit gestartet werden. Die Therapie wird von speziellen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in HIV-Behandlungszentren bestimmter Krankenhäuser durchgeführt. Dabei nimmt man über vier Wochen hinweg spezielle Medikamente ein. Das verhindert, dass sich die HI-Viren im Körper festsetzen können.

6. Warum und wann ist es sinnvoll, sich auf HIV testen zu lassen?

Andrea Brunner: Grundsätzlich gilt: Je früher eine HIV-Infektion diagnostiziert wird, desto früher kann die HIV-Therapie starten. Das wirkt sich positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Die HIV-Medikamente verhindern, dass sich HI-Viren vermehren und bewirken, dass die HIV-Viren nicht mehr nachweisbar sind. In der Folge entstehen keine neuen Viren und das Immunsystem erholt sich. Die Infektion kann nicht mehr auf andere Menschen übertragen werden, auch nicht beim Sex.

7. Wie häufig sollte man sich auf HIV testen lassen?

Die Aids Hilfe Wien empfiehlt in puncto Testhäufigkeit:

  • Beziehung: Zwei Grundpfeiler für eine gesunde Paarbeziehung sind ein Miteinander auf Augenhöhe und Ehrlichkeit. Es wird empfohlen, dass beide Partner am Beginn einer sexuellen Beziehung einen HIV-Test sowie einen STI-Test (Selbsttest für sexuell übertragbare Infektionen) machen. Zumindest sollte dies aber geschehen, sobald das Kondom weggelassen wird. Menschen in polyamoren Beziehungen sollten sich häufiger testen, außer alle Beteiligten sind von Anfang an gut durchgetestet.
  • Kinderwunsch: Auch Paare mit Kinderwunsch sollten sich testen lassen. Bei einem positiven Testergebnis schützt eine HIV-Therapie vor einer Infektion der Partnerin oder des Partners und des Kindes. Im Eltern-Kind-Pass, den jede schwangere Frau in Österreich erhält, ist ein HIV-Test für Schwangere vorgesehen.
  • Wechselnde Sexualpartner*innen: Wer häufig die Sexualpartnerin oder den Sexualpartner wechselt, sollte sich laufend auf HIV testen lassen. Die Aids Hilfe Wien empfiehlt, das mindestens einmal pro Jahr zu tun.
  • Ungeschützter Sex: Darüber hinaus rät die Aids Hilfe Wien, nach jedem ungeschützten Sex, bei dem der HIV-Status der Sexualpartnerin oder des Sexualpartners ungeklärt ist, einen HIV-Test zu machen. Wann welcher Test nötig ist, wird in der Beratung – persönlich, am Telefon oder per E-Mail – geklärt.

8. Welche Arten von HIV-Tests gibt es?

Andrea Brunner: Es gibt drei unterschiedliche HIV-Tests. Alle Testarten sind generell erst mehrere Wochen nach einer möglichen Ansteckung aussagekräftig. Deshalb sollte man je nach Test zwischen zwei und zwölf Wochen nach dem ungeschützten Sex mit dem Testen warten. Es ist sinnvoll, sich von der lokalen Aids Hilfe beraten zu lassen, welcher Test in der individuellen Situation am besten passt. Dort können alle Tests anonym gemacht werden.

Der HIV-Labortest ist bei den Aids Hilfen kostenlos und anonym; der HIV-Schnelltest und der HIV-PCR-Test sind zu bezahlen. Auch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie in Labors kann man sich auf das HI-Virus testen lassen. Dabei sollte man sich vorab informieren, welche Tests verwendet werden und welche Kosten dafür anfallen.

In Österreich sind in manchen Apotheken auch HIV-Selbsttests erhältlich. Diese Tests kann man selbst zu Hause durchführen. Sie sind frühestens drei Monate nach einem Risiko aussagekräftig. Die Tests unterschiedlicher Anbieter kosten rund 30 Euro. Die Kosten übernimmt die Krankenkasse nicht.

9. Welche Medikamente erhält man bei einer HIV-Therapie?

Andrea Brunner: Die Behandlung von HIV hat sich in den vergangenen Jahrzehnten dank weiterentwickelter HIV-Medikamente sehr stark verbessert. HIV-positive Menschen, die unter wirksamer Therapie stehen, können heute normal leben und ihren Alltag frei gestalten.

Damit die HIV-Therapie wirkt, müssen sie ihr Leben lang ein bis zwei Tabletten pro Tag einnehmen. Alternativ erhalten sie alle zwei Monate eine so genannte Depotspritze verabreicht. Die erfolgreiche Therapie mit HIV-Medikamenten drückt die HI-Viren unter die Nachweisgrenze im Körper. Das führt dazu, dass das Virus nicht mehr übertragen werden kann – auch nicht beim Geschlechtsverkehr.

10. Warum braucht es trotz HIV-Medikamenten laufende Kontrollen?

Andrea Brunner: Die HIV-Therapie kann die Infektion nicht heilen. Sie ermöglicht aber ein gutes Leben mit einer normalen Lebenserwartung. „Trotzdem ist es dabei wichtig, sich in engmaschiger Anbindung zum HIV-behandelnden Ärzteteam weiterhin regelmäßig medizinisch untersuchen zu lassen“, sagt die HIV-Expertin. Erstens wird laufend kontrolliert, ob die Viruslast unter der Nachweisgrenze ist. Zweitens haben HIV-positive Menschen in wirksamer Therapie durch die langfristige Einnahme von HIV-Medikamenten eventuell ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme, vor allem im fortgeschrittenen Alter.

11. Wie gelingt ein sorgenfreier Umgang mit HIV-positiven Menschen?

Andrea Brunner: Wie Menschen über HIV denken, halt viel mit alten Bildern im Kopf zu tun. „Die Gesellschaft sollte sich klarmachen, dass die Krankheit heute sehr gut behandelbar ist. Im alltäglichen Kontakt mit HIV-positiven Menschen kann man sich nicht mit dem HI-Virus anstecken“, erklärt Andrea Brunner. Das betrifft etwa Händeschütteln, umarmen, küssen, im selben Schwimmbecken baden oder dasselbe Essbesteck benutzen. Sind erkrankte Menschen unter einer effektiven Therapie, nehmen sie also regelmäßig ihre Medikamente und machen Kontrolluntersuchungen, können sie das Virus auch beim Sex oder bei einer Geburt nicht weitergeben.
In Österreich sind so gut wie alle HIV-positiven Menschen in einer wirksamen Therapie, sobald sie die Diagnose HIV bekommen haben. Auch bei Personen, die das Virus lange unerkannt in sich trugen und spät mit HIV diagnostiziert werden, kann das Virus mithilfe der Therapie unter die Nachweisgrenze gebracht werden. Somit besteht auch zum Beispiel beim Sex keine Gefahr mehr, seine Mitmenschen anzustecken. Andrea Brunner: „Das trotz alledem noch anhaltende Stigma ist eines der größten Probleme in Europa, wenn es um HIV geht.“


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