„Es tut mir leid“: So entschuldigen Sie sich laut Expertin richtig
Soll ich oder soll ich nicht? Wenn es darum geht, „Es tut mir leid“ zu sagen, befinden wir uns oft in einem innerlichen Zwiespalt. Wir wollten wissen: Wann ist eine Entschuldigung wirklich angebracht? Und wann ist es gar nicht notwendig, um Verzeihung zu bitten? Eine Expertin weiß, worauf es ankommt.
Inhaltsverzeichnis
- Es tut mir leid: So wird’s gemacht
- Frau Mag. Mathis: Was sind Schuldgefühle? Und wie entstehen sie?
- Wann sagt man, „es tut mir leid“? Und wann ist es gar nicht notwendig, um Verzeihung zu bitten?
- Aber warum fällt uns eine Entschuldigung manchmal so unglaublich schwer?
- Wie sagt man am besten „es tut mir leid“?
- Warum ist es wichtig – und auch gesund –, sich zu entschuldigen?
- Und warum ist es auf der anderen Seite so essenziell, sich nicht permanent und für alles zu entschuldigen?
Es tut mir leid: So wird’s gemacht
Es gibt viele Situationen im Leben, in denen wir uns entschuldigen. Wenn wir jemanden versehentlich stoßen, jemandem ins Wort fallen, wenn wir eine fremde Person nach dem Weg fragen oder aber, wenn wir die Gefühle unseres Gegenübers verletzt haben, z. B. nach einem Streit in der Beziehung. Das Paradoxe: Gerade dann, wenn uns ein Mensch so richtig wichtig ist, fällt es uns oft schwerer, „es tut mir leid“ zu sagen.
Manchmal, da entschuldigen wir uns aber auch, obwohl wir es gar nicht müssten. Wann eine Entschuldigung ihren Zweck erfüllt und wann es gar nicht notwendig ist, um Verzeihung zu bitten, weiß Mag. Isabella Mathis – Gründerin der Glüxschmiede.
Frau Mag. Mathis: Was sind Schuldgefühle? Und wie entstehen sie?
Schuldgefühle sind emotionale Reaktionen, die auftreten, wenn wir das Gefühl haben, gegen unsere eigenen Werte oder moralischen Vorstellungen verstoßen und dabei anderen geschadet zu haben. Sie sind oft verbunden mit dem Wunsch, das Geschehene zu reparieren oder wieder gutzumachen. Man kann auch sagen: Schuldgefühle entstehen durch einen inneren Konflikt zwischen unserem Verhalten und unserem Gewissen. Dabei spielt auch die soziale und kulturelle Prägung eine Rolle, denn Schuld ist oft „gelernt“: Kinder lernen früh, dass bestimmte Handlungen Konsequenzen mit sich bringen.
Scham und Schuld wirken wie ein innerer Kompass, der uns aufzeigt, wenn wir etwas tun, das uns oder anderen schaden könnte. Indem Scham uns dazu bewegt, uns konform zu verhalten und Rücksicht auf andere zu nehmen, trägt sie zur sozialen Harmonie und Gruppenzusammenhalt bei. Sie hilft uns, uns in die Gruppe einzufügen und akzeptiert zu werden, indem sie uns sensibilisiert, wie unser Verhalten auf andere wirkt. Scham wirkt so als eine Art „soziale Bremse“, die das Kollektiv und die gegenseitige Verbundenheit stärkt. Die Furcht, „ausgestoßen“ zu werden, prägt uns Menschen sehr, denn ein Leben außerhalb der Gruppe war für Menschen lange Zeit lebensbedrohlich.
Wann sagt man, „es tut mir leid“? Und wann ist es gar nicht notwendig, um Verzeihung zu bitten?
Eine Entschuldigung ist dann sinnvoll, wenn unser Verhalten oder unsere Worte jemandem Schaden zugefügt haben – sei es absichtlich oder unabsichtlich. Eine Entschuldigung zeigt, dass uns das Wohl des anderen am Herzen liegt und wir unser Verhalten überdenken.
Es ist allerdings nicht ratsam, sich zu entschuldigen, wenn dies lediglich aus einem gesellschaftlichen Zwang heraus geschieht oder um Konflikte schnell zu „glätten“. Ein halbherziger Versuch, sich zu entschuldigen, um einen Konflikt zu vermeiden, kann Konflikte auf lange Sicht nur noch mehr verhärten.
Und es ist auch wirklich wichtig, sich nicht für den eigenen Standpunkt, persönliche Bedürfnisse oder Gefühle zu entschuldigen, da dies auf lange Sicht das eigene Selbstbild schwächen kann. Für die Art und Weise, wie ich mich ausgedrückt habe, kann dagegen durchaus manchmal zumindest eine Erklärung notwendig sein.
Aber warum fällt uns eine Entschuldigung manchmal so unglaublich schwer?
Uns zu entschuldigen fällt uns oft schwer, weil es bedeutet, dass wir einen Fehler zugeben und Verantwortung für unser Verhalten übernehmen müssen. Das klingt meist noch ganz einfach: „Ich hab‘ etwas falsch gemacht – also entschuldige ich mich.“
Nun kennen wir aber alle die verzwickte praktische Umsetzung und den sprichwörtlichen „Haken“ an der Sache. Nämlich dann, wenn wir selbst gekränkt, verletzt, enttäuscht sind und unsere Reaktion vielleicht nicht logisch, aber doch aus dem Bauch heraus richtig war. Oft fällt es dann schwer, den eigenen Gedanken einen Schubs in eine andere Richtung zu geben und somit emotional und kognitiv überhaupt erst fähig zu werden, sich aus dem Herzen heraus zu entschuldigen.
Manchmal haben wir aber auch Angst, dass eine Entschuldigung nicht ausreicht, um das vorangegangene Verhalten rückgängig zu machen und unser Gegenüber auch danach noch gekränkt, enttäuscht oder verärgert ist. Eine Entschuldigung erfordert also immer auch eine ordentliche Portion Mut!
Wie sagt man am besten „es tut mir leid“?
Eine gute Entschuldigung ist authentisch und zeigt echtes Bedauern. Sie sollte präzise formuliert sein, indem man den Fehler klar benennt und die Verantwortung für das eigene Verhalten übernimmt, ohne dabei abzuwiegeln oder die Schuld auf äußere Umstände zu schieben.
Eine Entschuldigung, die mit „aber“ relativiert wird, wie z. B. „Es tut mir leid, aber du hast auch…“, zeigt keine echte Einsicht und wirkt auf das Gegenüber eher verletzend als heilend.
Eine aufrichtige Entschuldigung beinhaltet aber auch das Angebot zur Wiedergutmachung, wenn möglich, und stellt sicher, dass die eigene Entschuldigung nicht nur dazu dient, sich selbst besser zu fühlen. Die Tatsache, dass man sich entschuldigt und das eigene Verhalten überdenkt, verdeutlicht, dass man die eigenen Worte auch ernst nimmt und sich bemüht, eine Verbesserung umzusetzen.
Warum ist es wichtig – und auch gesund –, sich zu entschuldigen?
Eine Entschuldigung wirkt heilsam, weil sie zeigt, dass uns das Wohl des anderen wichtig ist und wir Verantwortung für unser Handeln übernehmen. Für das Gegenüber bedeutet eine aufrichtige Entschuldigung oft die Anerkennung des erlittenen Schmerzes, was die Basis für Vergebung und Vertrauen schafft.
Auf der persönlichen Ebene ist eine Entschuldigung auch ein Akt der Selbstakzeptanz und fördert die emotionale Reifung. Sie hilft uns, die eigenen Werte zu festigen und mit Fehlern auf eine gesunde Art und Weise umzugehen. Sich entschuldigen zu können, bedeutet, in sich selbst so gefestigt zu sein, dass man seine Fehler annehmen kann, ohne das eigene Selbstwertgefühl infrage zu stellen. Diese „mutige Selbstannahme“ hat eine stärkende Wirkung und hilft uns, Frieden mit uns selbst zu finden.
Lesen Sie in diesem Beitrag alles über den Mut zur Veränderung.
Sehr spannend finde ich aber in diesem Zusammenhang auch die Frage: „Was hat mich dazu gebracht? Welches Gefühl – was hätte ich gebraucht?“. Dabei kann sich dann herausstellen, dass man vielleicht selbst gerade in einer emotionalen Notlage war.
Und warum ist es auf der anderen Seite so essenziell, sich nicht permanent und für alles zu entschuldigen?
Wer sich ständig und für alles entschuldigt, schwächt sein Selbstbild und untergräbt seine eigenen Bedürfnisse und Grenzen.
Um gesunde Beziehungen zu fördern, sollten Selbstachtung und Empathie immer im Gleichgewicht stehen. Sich zu entschuldigen, wenn es wirklich angebracht ist, bewahrt die Kraft der Entschuldigung und schützt unser Selbstwertgefühl. So lernen wir, authentisch zu handeln und die Verantwortung für unsere Fehler zu übernehmen, ohne uns ständig für unsere Existenz und Bedürfnisse rechtfertigen zu müssen.
Die Fähigkeit, einen Konflikt auch mal auszuhalten und in Diskussionen die eigenen Werte und Bedürfnisse zu vertreten, ist für ein menschliches Miteinander ebenso wichtig wie eine Wiedergutmachung oder eine Entschuldigung bei einem Fehler.
Wie geht eigentlich empathisch sein? Und wie kann man verzeihen lernen?
Mein Fazit:
Eine Entschuldigung ist ein kraftvolles Werkzeug für das soziale und persönliche Wohlbefinden. Sie hilft uns, Fehler anzuerkennen, Verantwortung zu übernehmen und Beziehungen zu heilen.
Gleichzeitig ist es wichtig, eine Balance zu finden und nur dann Verantwortung zu übernehmen, wenn es wirklich angemessen ist. Mit Einfühlungsvermögen, Verantwortung und Authentizität gelingt es uns, Entschuldigungen in unseren Beziehungen sinnvoll einzusetzen und uns selbst in den eigenen Stärken und Schwächen anzunehmen.